Runde Sache: Das zweite MIA-Festival in Altdorf

24.7.2017, 09:11 Uhr
Runde Sache: Das zweite MIA-Festival in Altdorf

© Frank Erik Walter

Was der Verein "Soulbuddies", der es sich auf die Fahne schreibt, die Musikkultur in der Stadt zu beleben, hier auf die Beine stellt, kann sich wahrhaft sehen und hören lassen. Eine schöne Spielstätte, traumhaftes Wetter, ein hochkarätiges Musikprogramm, gute Verköstigung und faire Eintrittspreise: Was kann da noch schiefgehen?

Als man am frühen Freitagabend auf dem Festivalgelände, einem Parkplatz zwischen Schloss und historischer Universität, ankommt, ist der recht idyllische gelegene Spielort allerdings noch locker gefüllt. Gerade stehen die Briten Babajack in den Startlöchern.

Mit heulender Slide-Gitarre und archaischen Beats wird das Babajack-Quartett um Sängerin und Perkussionistin Becky Tate dem Motto "Blues Friday" durchaus gerecht, doch leider ist das Songwriting zu schwach und die Texte zu stereotyp, um tiefer als nur oberflächlich in dieses oft unterschätzte Genre einzudringen.

Auch die Münchener Whiskey Foundation sind keine Bluesmen im eigentlichen Sinn, doch hat ihr exaltierter, hemmungsloser Boogie-Rock so viel Power und ihr mit herrlich kaputter Stimme singender Harpspieler Murat Kaydirma so viel öligen Kleinganoven-Charme, dass man über einen gewissen Mangel an Eigenständigkeit locker hinwegsieht: Canned Heat treffen The Doors treffen ZZ Top und das bunt gemischte Publikum ist bald ein glücklich tanzender Mob.

Überhaupt, das Publikum: Inklusion und Integration wird beim MIA-Festival groß geschrieben. So sieht man nicht nur viele Rollstuhlfahrer im Publikum, sondern auch junge Asylsuchende, die beim Einlass helfen. In den Umbaupausen kann man in der angrenzenden Neubaugasse zwischen Ochsenburger, vietnamesischem Baguette oder Falafelbrötchen wählen, deren Erlös direkt in den Heimatort der syrischen Flüchtlingsfamilie fließt, die den Stand betreibt. Genauso wie der Gewinn aus dem Kaffeeverkauf eines ortsansässigen Geldinstituts.

Währenddessen spielt auf einer kleinen Zweitbühne eine Lokalband oder die Theatergruppe der Heilpädagogischen Tagesstätte führt den "Sommernachtstraum" auf. Nicht schlecht: Das komplette Wohlfühlprogramm für eine bessere Welt zwischen beschaulichem Fachwerk.

Der folgende "Funky Saturday" beginnt weniger funky als exzentrisch: In schrillstem Outfit präsentiert sich die Britin Gabby Young mit ihrer famosen Vier-Mann-Band als stimmgewaltige Sängerin mit enormer emotionaler Ausdruckskraft und Tiefe. Dabei folgen die opulent arrangierten Popsongs weniger dem Hang zur Selbstdarstellung, als einem drängenden künstlerischen Impuls, der die Hörer merklich tief berührt und zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Was für eine Entdeckung!

Eleganter Funkjazz

Als dann "Mr. Redhorn" Nils Landgren mitsamt seiner Funk Unit leicht verspätet die Bühne entert, ist der Platz zum ersten Mal richtig gut gefüllt. Für den schwedischen Posaunisten ist dies fast ein Heimspiel, hat er doch als Freund des heimischen Weltklasse-Schlagzeugers Wolfgang Haffner hier schon so manches Schäuferle verdrückt. Keine großen Worte: Die Funk Unit liefert ihren eleganten Funkjazz mit gewohnter Perfektion und Spielfreude.

Für leichte Irritation sorgt zum Abschluss die junge Französin Nina Attal, die sich vor einem Jahr in der Nürnberger Katharinenruine noch als schwitzige Funkrock-Hoffnung empfahl. Nun aber hat sie ihren Bassisten durch einen zweiten Keyboarder ersetzt und lässt sich von ihrem Background-Sänger und dessen Michael-Jackson-Gedächtnis-Tanzeinlagen fast die Show stehen. Die Hinwendung zum Pop muss man ihr zugestehen, bei der Performance besteht Diskussionsbedarf. Das MIA-Festival hingegen bleibt als ganz und gar runde Sache in bester Erinnerung.

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