Schräge Volksmusik in Wendelstein

27.9.2016, 17:15 Uhr
Schräge Volksmusik in Wendelstein

© Foto: Draminksi

„Auf der böhmischen Grenz“ heißt das aktuelle Programm, das die niederbayerische Musikerin in der Wendelsteiner Jegelscheune mit illustren Spielpartnern kredenzte. Und wer mit dem Jazzklarinettisten Norbert Nagel, der Crossover-Akkordeonistin Maria Reiter und dem Kontrabass-Querdenker Alex Haas auf die Bühne geht, hat eines gewiss nicht im Sinn: Flauschige Volksmusik für ein leicht zufriedenzustellendes Publikum zu zelebrieren. Bei Monika Drasch ist die Idylle fast immer trügerisch, der Dielenboden knarrt verdächtig unter den Füßen und hinter den Mauern der Bauernhöfe im bayerisch-böhmischen Grenzgebiet lauert zwar nicht das Grauen, aber ganz gewiss der Schalk.

Ironie und Spannung

Monika Drasch versteht es mit ihrer grünen Geige, Befindlichkeiten auf den Punkt zu bringen, per Bühnenscheinwerfer die Welt diesseits und jenseits des Waldes zu beleuchten, mit sanfter Ironie das Leben abseits der Großstädte zu schildern – und es zugleich artifiziell zu überhöhen, in neue Sphären zu heben.

Das Titelstück „Auf der böhmischen Grenz“ gerät beispielsweise zur anrührenden Jazzpop-Ballade mit deutlichen Anklängen an die (nach wie vor lebendige) „schräg dahoam“-Bewegung, aber ohne die latente Aggressivität eines Hubert von Goisern.

Im groovenden „Nix is gwiss“ wird das Konzept noch klarer: Da trifft Urban Fusion auf pseudosakrale Harmoniegesänge, um das durchaus paradoxe Spannungsfeld zwischen Kirche und Club, zwischen Tradition und Moderne plastisch zu zeigen.

Das Quartett kann freilich auch anders, wie etwa das ebenso dicht wie behutsam arrangierte „Liebeslied“ zeigt: Das ist – beinahe – naturbelassene Volksmusik direkt aus der niederbayrischen Stube. Klänge, die keine „zeitgenössischen“ Zutaten brauchen, um zu wirken.

Dass „die Drasch“ ein wunderbar loses Mundwerk hat, dass es ihr gegeben ist, ihren Mitmenschen – Landbewohnern wie Städtern – aufs Maul zu schauen, sorgt für eine kabarettistische Dimension: Nichts kann so abgedreht und Zwerchfell-erschütternd sein wie das wirkliche Leben.

Bisweilen beherrscht freilich leise Melancholie die musikalischen Miniaturen. Landflucht, die zunehmende Verödung des ländlichen Raums, ist auch für Monika Drasch ein Thema, dessen sie sich mit Fingerspitzengefühl und ohne Holzhammer-Komik annimmt. Weil es nichts zu lachen gibt, wenn in manchem Dorf nur noch die alten Menschen übrig sind, während die jungen ihr Glück in den Großstädten suchen.

Ihr resigniertes Achselzucken gießt Monika Drasch in Songs mit Erinnerungswert. Vielleicht ist das ja alles, was bleibt...

Am 3. Februar 2017 gastiert Monika Drasch mit dem Programm „Auf der böhmischen Grenz“ in den Ansbacher Kammerspielen.

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