Sigur Rós: Valtari

14.7.2012, 06:00 Uhr
Sigur Rós: Valtari

© www.sigur-ros.co.uk

Zehn Dinge, die einem zu Island einfallen: Geysire, Vulkane, Wikinger, Elfen, Kobolde, Bankenpleite, Eyjafjallajökull, Björk, Sigur Rós. Gut, das waren gerade einmal neun, und die meisten Begriffe hinken auf müden Klischee-Krücken daher. So geht es aber wohl den meisten Mitteleuropäern, denn rein statistisch gesehen, waren wohl die wenigsten schon einmal auf Island.

Da ist die Wahrscheinlichkeit schon größer, dass jemand ein Album von Sigur Rós zu Hause im Regal stehen hat. Immerhin handelt es sich bei dem Quartett aus Reykjavík um keine ganz unbekannte Band, und nach Björk vermutlich um den zweiterfolgreichsten musikalischen Export Islands. Das Problem: Je länger die eigene Island-Erfahrung - meint eine Reise auf die Insel - ausbleibt, desto mehr verfestigt sich das Bild von Island durch die Musik und das Auftreten von einer Band wie Sigur Rós.

Mit Klischees in den Märchenwald

Demnach müssten das da oben auf der Insel nämlich alles kauzige, blasse Menschen sein, die den ganzen Tag durch einsame Wälder streifen. Kommuniziert wird mit Wal-Gesängen, wenn überhaupt mal jemand den Mund aufmacht. Der Alltag wird in Zeitlupe bestritten, alle Leute haben Namen mit lustigen Umlauten und baden am liebsten nackt in der Nähe von irgendwelchen heißen Quellen.

Nunja, es handelt sich wie gesagt um Klischees. Allerdings haben Sigur Rós auch selbst zur Festigung dieser Abziehbilder beigetragen. Ihr melancholischer Zeitlupen-Rock, die verwaschenen Fotos von düsteren Märchenwäldern auf den CDs oder die esotärischen Gesänge sorgen nicht gerade dafür, dass sich die Vorstellung von Island im Kopf des Durchschnitts-Mitteleuropäer ändert - erst recht nicht, seitdem das Quartett mit dem Dokumentarfilm "Heima" die passenden Bilder dazu geliefert hat.

Achja: Das sechste Studioalbum von Sigur Rós heißt "Valtari" und ist natürlich wieder sehr gelungen. Ein weiteres Mal zeigen die vier Isländer auf, wie es klingt, wenn man zerbrechliche Schönheit auf Tonspuren festhält. Leider bietet das Werk nichts Neues und kommt nicht annähernd an das überragende Frühwerk ("Ágætis byrjun", "( )") der Band heran. Überraschungen - Fehlanzeige. Stagnation auf hohem Niveau. Es wird Zeit für eine Island-Reise.

Unsere Bewertung: 6 von 10 Schallplatten

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