"Tatort" aus München: Mühsame Suche nach der Wahrheit

22.10.2016, 09:22 Uhr

© BR/X Filme/Hagen Keller

Auf offener Straße wird ein Passant von einem scheinbar Hilfsbedürftigen erstochen. Frau und Sohn müssen die grausame Tat mit ansehen. Das bewährte Ermittler-Duo aus München nimmt die Arbeit auf und scheint zu einem schnellen Erfolg zu kommen. Kurz nach der Bluttat ist dank zahlreicher Augenzeugen ein Verdächtiger gefunden, auf den alle Indizien maßgeschneidert passen.

Aber natürlich darf kein "Tatort" nach vier Sendeminuten enden. Und so entpuppt sich der Fang als unschuldig. Und die Suche beginnt von neuem. Drehbuchautor Erol Yesilkaya und Regisseur Sebastian Marka nehmen den jüngsten Fall sehr geschickt und mit etlichem Spannungspotenzial zum Anlass, einmal das ganze Kleinklein der Ermittlungsarbeit zu zeigen – von der Massenspeichelprobe über die vielen Spuren-Sackgassen, die unterschiedlichen Wahrnehmungen von Tatzeugen, das Rätseln über die Motivlage bis hin zu amtsinternen Reibungsverlusten.

Monate vergehen, ohne dass Leitmayr und Batic, der zudem unter massiven Panikattacken leidet, irgendwie weiterkommen. Das belastet auch ihre Freundschaft, die kurz vor dem Bruch steht. Zu alledem: Die Witwe des Getöteten quält die Frage nach dem Warum. Doch läuft ihr verzweifeltes Grübeln brutal ins Leere. Ihr Kind ist traumatisiert und kann den Verlust des Vaters nicht verarbeiten. Ohne die Wahrheit zu kennen, will die junge Frau mit ihrem Sohn aber nicht ins heimatliche Japan zurückkehren.

Fast täglich kommt sie aufs Revier, um neue Aussagen zur Tat zu machen. Eine Erfahrung, die Batic und Leitmayr sichtlich an die Nieren geht und letztlich an ihre emotionalen Grenzen bringt und Zweifel am eigenen Beruf auslösen. So entwickelt sich ein Fall, der in jeder Hinsicht den Rahmen sprengt.

Mehr als sonst kommt auch Münchner Lokalkolorit zum Vorschein, wenn auch ein bisschen zu häufig Luftaufnahmen aus der Totalen eingefangen werden. Anderswo – wie in Dortmund oder Berlin – will man das Übermensch-Image der Kommissare durch private Malaisen umschiffen. Im Münchner "Tatort" reichen die dienstlichen dafür völlig aus.

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