Umjubelter Star-Geiger

22.2.2016, 20:01 Uhr

Das Konzert war ein voller Erfolg. Und das nicht nur, weil Stargeiger Nemanja Radulovic durch sein Auftreten das Orchester sichtlich und hörbar zu enormer Spiellaune anstachelt, sondern auch wegen der Kooperation mit der Hochschule für Musik. Deren Schlagzeugstudenten erhalten die Möglichkeit, bei „La Noche de los Majas“ von Silvestre Revueltas die Meistersingerhalle in einen Hexenkessel zu verwandeln, was sogar Jubelrufe zur Folge hat.

Alte Freunde im Orchester

Radulovic freut sich zunächst, weil im Orchester zwei seiner „alten“ Freunde aus Sofia sitzen, bevor er, in engen Lederhosen und Bikerstiefeln steckend, alle verzaubert und mit seiner Natürlichkeit alles überstrahlt. Auch bei der Konzertrhapsodie „Tzigane“ von Maurice Ravel, die mit allerlei Schwierigkeiten gespickt ist, glänzt er und lässt das auch noch vollkommen leicht aussehen.

Eines jedenfalls steht fest: Brillante Technik, extravagante Erscheinung und virtuoses Spiel beeindruckte auch schon im 19. Jahrhundert, aber da wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, eine neue Komposition in einem Fernsprechgerätefachgeschäft vorzustellen. Radulovic hingegen präsentierte sein aktuelles Album „Journey East" im Apple Store in Berlin, scheint aber ansonsten mit sich und der Welt absolut im Reinen zu sein, genießt jeden Augenblick auf der Bühne und jeden einzelnen Ton mit fast kindlicher Freude.

Als Entschädigung für das durch den Dirigentenwechsel entfallene „Violinkonzert Nr.1“ von Nicolò Paganini gibt der Serbe noch eine selbst angefertigte Variation aus dessen Capricen-Material zum Besten und veranlasst sogar die Streicher im Orchester nach dem Verklingen des letzten Schabernacks den Bogen mal wegzulegen und händisch zu applaudieren.

In der Pause dann wird der dynamisch-charmante Ausnahmegeiger beim heutzutage üblichen „meet and greet“ im Foyer umringt wie ein Popstar. Man sieht strahlende Gesichter von Fans mit ihren eben erworbenen Trophäen (gleich Autogramm auf einer oder mehreren seiner sechs CDs oder zur Not auch im Programmheft). So ausladend wie die lockige Haarpracht ist dann auch seine schwungvolle Unterschrift. Zu groß für ein Überweisungsformular, aber im Moment bekommt er wohl eher Schecks als dass er welche ausstellen müsste, denn mittlerweile ist er eines der Zugpferde der „Deutschen Grammophon“ und Echopreisträger 2015 als Nachwuchskünstler des Jahres. Doch was soll man von einer Auszeichnung halten, die der Bundesverband der Deutschen Musikindustrie für diejenigen auslobt, die durch ihr Wirken das meiste Geld in die Kassen der großen Plattenlabels gespült haben?

Bitte weiter so!

Nach der Pause tritt die Schlagzeugklasse der Nürnberger Musikhochschule an, um ordentlich Rabatz zu machen mit mexikanischer Folklore, und allesamt verkaufen sich sehr gut im Improvisationsteil des letzten Satzes mit Hilfe von Caracol, Huehuetl, Sonajas und den ansonsten üblichen Percussionsinstrumenten, so dass Maestro Darrell Ang (36) aus Singapur die letzten Takte nochmal als Zugabe wiederholen lässt. Wahrscheinlich strahlt auch sein äußerst positives Wesen aufs Orchester aus. Liebe Symphoniker: Bitte weiter so mit der Spielfreude!

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