Verliebt in Rom

28.8.2012, 00:00 Uhr
Verliebt in Rom

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Mr. Allen, Sie geben ja immer freimütig zu, dass Sie dort drehen, wo man Ihnen Geld für die Filme gibt. Nun also zum ersten Mal Rom...

Woody Allen:
Ganz wahllos bin ich allerdings nicht! Das Wichtigste ist für mich immer, dass ich die Stadt schon ein wenig kenne, sonst kann ich dort nicht meinen Film spielen lassen. Und ich muss mir problemlos vorstellen können, dort ein paar Monate leben zu können. Beides traf auf Rom zu, also habe ich angefangen, über ein Drehbuch nachzudenken.

Sie ziehen nicht ein altes aus der Schublade und ändern nur den Schauplatz?

Allen:
Oh nein, das ließe sich bei den wenigsten Geschichten machen. Deswegen entsteht mein nächster Film auch in San Francisco. Dessen Handlung passt schlicht und einfach nicht nach Europa. Im Falle von „To Rome With Love“ habe ich erst einmal alle Eindrücke gesammelt, die mir in den Sinn kommen, wenn ich das Wort Rom höre. Ich dachte an Sonnenschein und dass sich fast das ganze Leben draußen abspielt, an Straßen, auf denen sich Autos und Fußgänger fast gleichberechtigt bewegen, und an viel Lärm und Aufregung. Römer lieben das Leben. Von Essen über Mode und Musik bis hin zur Politik wird alles mit Leidenschaft betrieben und genossen. Deswegen wollte ich auch unbedingt möglichst viele verschiedene Geschichten und Figuren in das Drehbuch packen.

Zum ersten Mal seit längerem haben Sie wieder eine der Rollen selbst übernommen. Hat Ihnen die Schauspielerei gefehlt?

Allen:
Das nicht. Aber ich hatte auch nichts dagegen, mal wieder vor der Kamera zu stehen. In diesem Fall gab es im Drehbuch eine Rolle, die gut passte, also habe ich sie gespielt.

Als Regisseur sind Sie dagegen unermüdlich. Dabei geben Sie oft zu Protokoll, Sie seien von Ihren fertigen Filmen eigentlich immer enttäuscht.

Allen:
Das stimmt, ich bin immer enttäuscht, wenn ich mit einem Film fertig bin. Zu Hause im Schlafzimmer, wo ich meine Drehbücher schreibe, müssen sie noch nicht dem Test der Realität standhalten. Dort erscheinen meine Geschichten immer großartig und ich bin mir eigentlich jedes Mal sicher, dass dies nun der beste Film wird, den ich je gedreht habe. Aber wenn man dann tatsächlich daran arbeitet, stellt sich eine gewisse Ernüchterung ein. Man erkennt eben doch Fehler im Drehbuch. Man hat nicht den Schauspieler bekommen, den man haben wollte. Es fehlt am Geld, um alles so zu drehen, wie man es im Kopf hat. Dieser oder jener Witz funktioniert plötzlich doch nicht. Da macht sich zwangsläufig Enttäuschung breit.

Warum machen Sie es trotzdem immer wieder?

Allen
: Nun, man will es eben endlich einmal schaffen, den perfekten Film zu drehen und nicht enttäuscht zu sein. Also probiert man es immer wieder aufs Neue. Ich bin da wie Sisyphos, der hat ja auch nicht aufgegeben. Und machen wir uns nichts vor: die Sache macht ja Spaß. Ich versuche es sehr gerne immer wieder aufs Neue, selbst wenn es manchmal schwierig ist.

Macht Ihnen also der Gedanke an den Ruhestand, mit dem ja auch Ihre Figur in „To Rome With Love“ hadert, Angst?

Allen:
Angst ist das falsche Wort. Aber noch bin ich bestens in der Lage, zu arbeiten, also warum sollte ich damit aufhören? Freunde von mir sind pensioniert und lieben es geradezu. Die schlafen morgens aus, fahren irgendwann zum Angeln und gucken sich schon nachmittags Basketballspiele an. Oder sie gehen auf Reisen, spielen mit den Enkeln und all solche Sachen. Das wäre aber alles nichts für mich. Ich bringe morgens meine Kinder zur Schule, mache dann meine Fitnessübungen und setze mich anschließend an den Schreibtisch. Das ist für mich keine lästige Pflicht, sondern im Gegenteil das Liebste. Vielleicht habe ich irgendwann einen Schlaganfall und kann keine Filme mehr drehen. Oder man gibt mir das nötige Geld dafür nicht mehr. Aber bevor mich nichts dazu zwingt, setze ich mich nicht zur Ruhe.

Zu Ihrer täglichen Routine zählt das Duschen, über das Sie mit Ihrem Biografen Eric Lax in seinem Interview-Buch ausführlich gesprochen haben. Auch in „To Rome With Love“ wird ausgiebig geduscht...

Allen:
Nun, duschen gehört tatsächlich zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Wenn ich zum Beispiel am Schreibtisch sitze und nicht weiter weiß, dann stelle ich mich unter die Dusche. Dort kommt dann meistens die Inspiration mitsamt neuen Ideen zurück. Manchmal singe ich sogar!

Nach über 20 Jahren stand mal wieder Alec Baldwin vor Ihrer Kamera. Ähnlich wie damals in „Alice“ hat seine Rolle auch dieses Mal etwas von einer geisterhaft-magischen Erscheinung mit Kommentator-Funktion. Haben Sie sie eigens für ihn geschrieben?

Allen
: Nein, so etwas tue ich eigentlich fast nie. Die Figur habe ich ohne Hintergedanken ins Drehbuch geschrieben und erst danach überlegt, wer die ideale Besetzung wäre. Eigentlich hatte ich mir bei Alec kaum Chancen ausgerechnet, denn er ist ja mit seiner Fernsehrolle und seinem politischen Engagement mehr als genug beschäftigt. Aber dann hatte er erfreulicherweise doch Zeit und Lust.

Auch mit Penélope Cruz haben Sie zum wiederholten Male gedreht...

Allen
: Was übrigens vor allem ihrer hartnäckigen Eigeninitiative zu verdanken ist. Schon damals bei „Vicky Cristina Barcelona“ rief sie mich an, weil sie gehört hatte, dass ich einen Dreh in Barcelona plane. Auch dieses Mal war wieder sie es, die sich meldete, um mir zu sagen, dass sie fließend Italienisch spricht und gerne im Rom-Film dabei wäre. Was für mich natürlich ein Geschenk des Himmels war, denn eine italienische Schauspielerin, die so talentiert, sexy und intelligent ist wie Penélope, wäre mir sowieso nicht eingefallen.
 

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