Witz und Wahnsinn: "Pension Schöller" im Staatstheater

24.4.2017, 15:11 Uhr
Regisseurin bernadette Sonnenbichler will mit ihrer Version des Stücks nicht nur belustigen, sondern verteilt auch Seitenhiebe an die heutige Gesellschaft.

© Staatstheater Nürnberg Regisseurin bernadette Sonnenbichler will mit ihrer Version des Stücks nicht nur belustigen, sondern verteilt auch Seitenhiebe an die heutige Gesellschaft.

Ein durch Putzmittel reich gewordener Unternehmer hat eine neue Geschäftsidee: Er will eine Heilanstalten-Kette gründen, Irrenhaus in Serie sozusagen. Dazu sondiert er die Lage in der Pension Schöller, die ihm sein Neffe Freddy als Ort für Geistesgestörte vorführt. Und bald weiß man als Zuschauer: Die Gestörten sind die angeblich Normalen. Mit diesem Schema ist die Komödie "Pension Schöller" von Wilhelm Jacoby und Carl Laufs seit rund 100 Jahren ein Dauerbrenner. Im Nürnberger Schauspielhaus könnte es auch einer werden, obwohl es rund eine Dreiviertelstunde dauert, bis die Witze zünden.

Regisseurin Bernadette Sonnenbichler hat eine eigene Version erarbeitet, bei der kleine Seitenhiebe auf die heutige Gesellschaft das eher biedere Original aufhübschen: Freddy (Philipp Weigand), der Neffe des reichen Investors, will eine Jazzclub aufmachen und gibt nur vor, eine Arztpraxis eröffnen zu wollen. Onkel Philipp (Pius Maria Cüppers) reist mit seiner sexy Sekretärinnen-Blondine namens Melania Pump an - die Anspielung auf Amerikas First Lady ist genauso deutlich wie deren pragmatische Überlegenheit gegenüber ihrem Chef und Gönner.

In der Pension, die der Neffe dem Onkel als Heilanstalt verkauft, tummeln sich die ganz normalen Gestörten: Die Pensionswirtin selbst will bei der Show "Meine kleine geile Pension" den Hauptpreis, ein "Make-over des kompletten Interieurs", gewinnen, ihr Bruder feilt am Sprachfehler (den Thomas Nunner grandios eingeübt hat) und ein Ex-Major gibt den nationalistischen Rassisten mit Hasso an der Leine.

Fast zweieinhalb Stunden gibt das gut aufgelegte Nürnberger Ensemble dem Affen Zucker bzw. dem Zuschauer Futter mit grotesteken Kostümen (Kristopher Kempf), flachen Witzen und dem Irrsinn, wie er leibt und lebt. Nach anfänglich starker Zurückhaltung fand's ein Großteil des Premierenpublikums dann doch sehr lustig. Der Wahnsinn ist halt doch immer komisch.

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