Langenzenns Hans-Sachs-Spieler planen Naturbühne

21.11.2015, 11:00 Uhr
Langenzenns Hans-Sachs-Spieler planen Naturbühne

© Thomas Scherer

Die ersten Künstler sind schon da, bleiben allerdings unsichtbar. Nur ihr Gezwitscher ist deutlich zu vernehmen. Wer im Kessel der Grube steht, dort, wo auf einer mobilen Tribüne zunächst einmal 400 Zuschauer Platz finden sollen, und das Auge nach oben wandern lässt, dem bietet sich ein beeindruckendes Bild: Steil steigt das Gelände an, rotbraun glänzt das Erdreich, weiter oben ziehen sich grüne Tonadern durch den Boden. Auf der Geländekante balancieren Nadelbäume.

Wartburg als Lichtprojektion

Wo Luther in eineinhalb Jahren einmal seine Thesen an die Wittenberger Schlosskirche nageln wird? Natürlich mitten auf der Bühne, deren Dimensionen zusammengeschobenes und planiertes Erdreich deutlich macht. „Und dort“, Klaus Roscher zeigt auf eine kleine Birke, die sich am Hang im Wind wiegt, wird die Wartburg stehen — als Lichtprojektion versteht sich.

Zugegeben, es braucht etwas Fantasie, um die Szenarien, die der Vorsitzende der Hans-Sachs-Spielgruppe entwirft, vor dem geistigen Auge entstehen zu lassen. Mehrere Bühnen im Hang — derzeit provisorisch dargestellt durch Holzgestelle — verbunden durch Treppen oder Brücken soll es geben. Darüber hinaus mit Natursteinen befestigte Areale, auch aus der Steigung ragender Sandstein wird integriert. Klar ist: Der Ort hat Potential. Freilich steht noch viel Arbeit an und eine politische Willensbekundung, bis hier einem Publikum Kultur in der Natur kredenzt werden kann.

Konkret ist bisher die Überarbeitung des Flächennutzungsplanes durch die Stadt. Hinter dem Wertstoffhof des Landkreises bei Horbach werden Gewerbeflächen und ein Sondergebiet „Naturbühne“ ausgewiesen. Roscher und seine Mitstreiter zeichnen für den Bauantrag und die Finanzplanung verantwortlich. Letzteres ist besonders wichtig, um den Steuerungskreis, der über die Leaderprojekte befindet, bei seiner Sitzung im Februar 2016 zu überzeugen. Mit 400 000 Euro Kosten rechnet Roscher. Die Hälfte, so besagen es die Leader-Vorschriften, müssen die Initiatoren stemmen. Die andere Hälfte kommt aus besagtem EU-Programm. Mit dem Geld müssen nicht nur Bühnen- und Zuschauerbereich gestaltet werden. Versorgungsleitungen für Wasser und Strom sind zu verlegen, Wege und Parkplätze zu schottern und ein sogenannter Service-Bereich aus dem Boden zu stampfen. Die Lehmgrube sei „einzigartig“, sagt Leader-Managerin Anne Kratzer. „Das ist etwas, was es nicht an jeder Ecke gibt.“

Mit den angepeilten 200 000 Euro aus Leader liegt die Naturbühne auch am oberen Limit, was diese Förderung für einzelne Projekte hergibt. Bis 2020 wird der Landkreis insgesamt 1,5 Millionen Euro aus dem EU-Topf erhalten. Bisher hat der Steuerungskreis zwei Vorhaben durchgewunken: das Kulturhaus des Bezirks in Stein (200 000 Euro) und die Erdbunkeranlage in Veitsbronn (25 000 Euro).

Dass der Landkreis seine Fördermittel zu schnell ausgeben könnte, diese Sorge hat Landrat Matthias Dießl, der in Gummistiefeln in der Lehmgrube herumstapft und sich die Pläne erläutern lässt, nicht. Es gebe keine Jahresrate, sagt er, „und so viele Großprojekte haben wir nicht“. Aus anderen Leaderregionen wisse er zudem, dass es dort sogar Probleme gebe, entsprechende Vorhaben zu platzieren, weil die Co-Finanzierung durch die Antragssteller nicht stehe.

Bei den Hans-Sachsern ist das Finanzpolster dank ihres großen ehrenamtlichen Engagements und ihrer erfolgreichen Theaterproduktionen nicht das Problem. Die Überlegungen treiben Roscher auch schon länger um. Als seine Truppe vor einigen Jahren das romantisch-komische Zauberspiel „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ auf die Bühne im Kulturhof brachte, wurde dem Theatermacher einmal mehr bewusst, „dass man gewisse Stücke in einer Häuserszenerie einfach nicht so gut spielen kann“. Am Theaterort im Herzen der Stadt ist zudem das Thema Lärm immer wieder ein heikles. In der Lehmgrube wäre das nicht der Fall, das hat die Stadt bereits überprüfen lassen. Man liege „weit unter den Grenzwerten“ lautet die Auskunft von höchster Stelle aus dem Rathaus.

Aufgeschlossener Unternehmer

Als Roscher begann, sich in Langenzenn umzusehen, war es angesichts der Industriehistorie der Stadt mit ihrer Ziegelproduktion beinahe logisch, dass Ton- und Lehmgruben in den Blickpunkt rückten. Von ehemals vier solcher Produktionsstätten sind noch zwei in Betrieb. Wo früher die Firma Lotter und Stiegler Lehm abbaute, ist nun die Reithelshöfer GmbH aktiv, in einem Teil südlich der künftigen Naturbühne. Doch die Rechte besitzt die Firma für das gesamte Areal. Mit Eigentümer Michael Reithelshöfer nahm Roscher Kontakt auf und stieß auf sehr viel Entgegenkommen. Ein „Gestattungsvertrag“, der den Theaterspielern die Nutzung auf 25 Jahre unentgeltlich überlässt, wurde heuer im Sommer unterzeichnet.

Freilichtbühnen in Trebgast, Weißenburg und Wunsiedel haben sich die Theatermacher angesehen, um sich Anregungen und Ideen zu holen. Auf der „Naturbühne im Zenngrund“, so der offizielle Name, könnten auch Konzerte oder Sommerkino stattfinden, Theater dürften auch andere Gruppen dort spielen. Davor wartet aber noch viel Arbeit, unter anderem am Drehbuch. Bevor Luther im Sommer 2017 in der Horbacher Lehmgrube den Hammer auspacken kann.

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