Luftschlangen für ganz Europa aus Hirschaid

8.2.2013, 12:23 Uhr
Standard, fünffarbig gestreift, ist der deutsche Luftschlangen-Klassiker. In Hirschaid entstehen aus riesigen Papierrollen Luftschlangen und Konfetti.

Standard, fünffarbig gestreift, ist der deutsche Luftschlangen-Klassiker. In Hirschaid entstehen aus riesigen Papierrollen Luftschlangen und Konfetti.

„Das Geschäft mit der Heiterkeit ist eine ernste Sache“, sagt Rainer Buld und lässt eine Luftschlange durch die Finger gleiten. Und der Mann muss es wissen: Buld ist Prokurist der Firma Veit in Hirschaid, die europaweit Marktführer für die Produktion von Luftschlangen und Konfetti ist. In riesigen Hallen lagern meterhohe Papierrollen, die erst bedruckt und dann zugeschnitten werden wollen: „Standard, fünffarbig gestreift, ist der Klassiker für den deutschen Markt“, so Buld. Bunte Motive mit grünem Glücksklee und lustigen Bärchen, Oktoberfest-launig in weiß-blau-bayerischer Raute, in den Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold, für Fußballclubs und, und, und... Der Fantasie sind bei der Gestaltung keine Grenzen gesetzt.

Auf 26.000 Quadratmetern produziert Veit mit 150 Mitarbeitern Kassen-, Blumenseide- und Faxrollen. Allein 20 Mitarbeiter kümmern sich auf 5000 Quadratmetern tagaus, tagein ausschließlich um die Produktion der luftigen, bunten Frohsinnsware – nicht nur für das alljährliche närrische Treiben.

70 Prozent geht ins Ausland

Denn eine reine Saisonware sind Luftschlangen schon längst nicht mehr, erzählt Buld. 70 Prozent derHirschaider Produktion verlassen die Hallen als Exportgut fürs Ausland: Keine französische Hochzeit, die ohne weiße Luftschlangen zur Dekoration auskommt, die Finnen ordern Luftschlangen zum 1.-Mai-Feiertag, die Engländer die orange-schwarze Variante zu Halloween, während die Dänen Luftschlangen in Gold undSilber eher zum Jahresausklang an Silvester schätzen.

Und auch Banken, Brauereien, FastFood-Ketten und Werbeabteilungen haben den luftigen Spaß schon lange entdeckt. Innerhalb Europas sind die Faschings-Geschmäcker übrigens grundverschieden: Seit vielen Jahrzehnten ist die fünffarbig gestreifte Luftschlange das gängige Motiv in Deutschland, die Südeuropäer, wie die Italiener etwa, bevorzugen breite Blockfarben.

Wie im Büro eines Riesen saust ein mannshoher Locher durch das Papier und stanzt so Konfetti in allen erdenklichen Farben. Im 20 Gramm Mini-Beutelchen für den Single-Hausgebrauch oder aber im Zehn-Kilo-Sack für die Karnevalsprofis werden die Papierkrümel abgefüllt. In der Hauptsaison zwischen August und Januar verlässt täglich ein Sattelzug mit Luftschlangen das Werk. Gearbeitet wird ganzjährig im Dreischichtbetrieb.

„Schwer entflammbar“ müssen die Papierschlangen für den Versand nach Holland und in die Schweiz sein, auch für den Indoor-Gebrauch in Gaststätten sind die Vorschriften streng. Kunden aus aller Welt schätzen die Qualität „made in Oberfranken“: Die Farbigkeit, der Service, die deutschen Qualitätsstandards, die individuelle Ausführung, bei der die Luftschlange an das Deko- und Partyartikel-Sortiment angepasst werden kann, und die Möglichkeit, auch kurzfristig zu produzieren und nachzuliefern sind Vorzüge des weitgehend automatisierten Betriebs, sagt Buld. Die Konkurrenz aus dem asiatischen Raum sieht er gelassen, und wagt einen Blick zurück in die Geschichte.

Bereits im Jahr 1906 wurde im nahen Bamberg der Grundstein für die heutige Firma gelegt: Die „Bamberger Closettpapierfabrik Kailing & Co.“ fertigte damals neben Klopapier und Packpapierrollen bereits Karnevalsartikel. Nach dem Krieg, noch im Jahr 1945, lief die Produktion in Hirschaid wieder an, mit dem Schwerpunkt auf der Herstellung von Kassenrollen und Additionsrollen, von Luftschlangen und Konfetti. Kaum vorstellbar, dass bis vor wenigen Jahrzehnten die Luftschlangen mit dem Pferdefuhrwerk zu den Heimarbeiterinnen transportiert wurden: Sie brachen die Luftschlangen in gleich große Stücke, verpackten diese und füllten Konfetti in dafür vorgesehene Tüten ab.

Jetzt, zum Ende der Faschingszeit, ist für Rainer Buld (fast) Weihnachten: Auf der Messe Paper- und Christmasworld in Frankfurt hat er sich vergangene Woche über die neuesten Weihnachtstrends in Sachen Papier informiert. Eine ernste Sache.

 

Faschingsfans können sich im Werksverkauf der Firma Veit, Mühlfeld 1, Hirschaid-Erlach eindecken: Geöffnet ist montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr, donnerstags von 9 bis 20 Uhr sowie am Samstag von 9 bis 13 Uhr. Am Faschingsdienstag ist von 9 bis 13 Uhr geöffnet. Mehr unter www.veit-gmbh.de/factoryoutlet/
 

Keine Kommentare