Massai-College reift zur Universität heran

7.1.2018, 06:00 Uhr
Im Massai-College am Rande des Mount Meru können Kinder aus armen Verhältnissen lernen und bald auch studieren. Foto: Schwarz-Stiftung

© Hubert Schwarz Im Massai-College am Rande des Mount Meru können Kinder aus armen Verhältnissen lernen und bald auch studieren. Foto: Schwarz-Stiftung

Das Ehepaar Schwarz, das in Ungerthal bei Schwabach unter der Devise "Menschen bewegen" ein Zentrum für Gesundheits-Management betreibt, hat es sich zum Ziel gesetzt, in Ländern, in denen sich Wohlstand nur auf die Oberschichten verteilt, Kindern und Jugendlichen durch den Besuch einer Schule bessere Zukunftschancen zu ermöglichen. Was in afrikanischen Ländern wie Tansania bedeutet, die Internatskosten mit Unterkunft und Verpflegung zu übernehmen. Da in manchen Regionen junge Menschen weit entfernt von schulischen Einrichtungen leben, engagieren sich Hubert und Renate Schwarz inzwischen auch auf dem Bausektor. Mit ihrem bislang größten Projekt tilgt das Ehepaar gerade einen weißen Flecken auf der Landkarte von Tansania. In der Region Arusha ist ihre Stiftung Bauherr eines großflächigen Colleges, das nach seiner Fertigstellung von der Regierung wahrscheinlich zur ersten Massai-Universität in Tansania ernannt wird.

Auch wenn noch verschiedene Baumaßnahmen laufen, besuchen Mädchen und Buben bereits seit zwei Jahren die Schulgebäude. Einheimische junge Massai sollen in dreijähriger Ausbildung zur Hochschulzulassung geführt werden. Der Komplex des so genannten Massai Colleges in Arusha ist inzwischen so weit gediehen, dass die Ernennung zur Universität nicht mehr lange auf sich warten lässt. Noch in diesem Monat trifft eine Regierungskommission die abschließende Entscheidung. Für Hubert und Renate Schwarz geht mit diesem College eine Herzensangelegenheit in Erfüllung. Auch weil Bildungseinrichtungen dieser Art für Mädchen in Tansania eine große Chance sind, der Zwangsverheiratung zu entgehen.

Regelmäßig vor Ort

Um sicherzustellen, dass Spendengelder dort ankommen, wo sie gebraucht werden, überzeugt sich das in Roth lebende Ehepaar regelmäßig vor Ort von den Fortschritten der Baumaßnahmen. Die Region Arusha, in der die Massai zu den einflussreichen Stämmen zählen, befindet sich am Rande des Mount Meru. Da die Region über ausreichend Wasser verfügt, ist sie dicht besiedelt und wird zudem landwirtschaftlich intensiv genutzt. Die meisten Bewohner sprechen Swahili, die Amtssprache Tansanias, und ihre eigene Stammessprache. Viele sprechen zudem Englisch als Bildungs- und Verkehrssprache. Die Schwarz-Stiftung musste nach dem Kauf eines Grundstückes gut 50 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Arusha in den vergangenen fünf Jahren viele bürokratische Hürden überwinden. Außerdem erschwerten in 1200 Meter Höhe extreme Witterungsverhältnisse, wie Dürre oder Regen, die Bauarbeiten. Sintflutartiger Regen verwandelte die Anfahrtsstraßen rings um das College-Projekt mitunter zu kaum überwindbaren Schlammpisten. Zum Glück steht der Stiftung mit Lemono Meleck, dem einheimischen Gründer des College, ein versierter Bauleiter zur Seite.

Die ersten beiden Gebäude für Klassenräume und Lehrerzimmer wurden 2013 und 2014 gebaut, so dass 2015 der reguläre Schulbetrieb starten konnte. Zunächst besuchten 14 Kinder die Einrichtung. Ein Jahr später schrieben sich bereits 40 Schülerinnen und Schüler für den Besuch des College ein. Dessen Herzstück, das große Gebäude für Mensa und Küche, wurde noch im gleichen Jahr gebaut. Da sich auch zahlreiche Mädchen für das Internat anmeldeten, entstand 2016 das Girlshouse, ein separates Wohngebäude, das seine Energie für den Sanitärbereich aus einer auf dem Dach angebrachten Solaranlage gewinnt. Es folgte der Bau eines Bibliotheksgebäudes, das ab dem Jahresbeginn 2017 zum Stöbern und Lernen einlädt. "Die hohen Anforderungen der Schulbehörde an den Buchbestand waren nicht gerade einfach zu erfüllen", erinnert sich Hubert Schwarz.

Inzwischen weist der Campus auch ein spezielles Boyshouse auf. Der bisherige Schlafsaal der Jungen drohte aus allen Nähten zu platzen. Außerdem laufen derzeit Planungen für ein weiteres Girlshouse sowie für ein Verwaltungsgebäude, das einmal Lehrer, Praktikanten und Besucher beherbergen soll. Als vor zwei Monaten von Massai-Schülern, Lehrern und einem Priester die ersten Steine für das neue Mädchenhaus gesetzt wurden, hatten auch Hubert Schwarz und eine Abordnung des Rostocker Citylaufs zu Hacke und Schaufel gegriffen. Unter der Überschrift "Schüler für Afrika" wollte der Rostocker Citylauf mithilfe der Sportagentur "Pro Event" ein nachhaltiges Projekt unterstützen und hatte sich für das Massai College entschieden.

Spenden flossen

Viele Spenden flossen in den vergangenen Jahren auch in Infrastrukturmaßnahmen. Als prägnantes Beispiel nennt Schwarz den Bau einer Wasserpipeline. Bislang musste das Wasser mit Lastwagen zum Campus transportiert werden. Zusätzlich zur Pipeline wurde eine Reihe von Wassertanks gebaut, da in der Trockenzeit die Versorgung mit Wasser über das Rohrsystem aufgrund des nachlassenden Wasserdruckes nicht gewährleistet war. Mithilfe der Wassertanks ist die Versorgung mit Wasser nun auch in Trockenzeiten gewährleistet.

Bauleiter Lemono Meleck sah sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit zusätzlichen Aufgaben konfrontiert, wobei das Erziehungsministerium der tansanischen Regierung oft recht kurzfristig neue Auflagen anmeldete. Meleck aber gelang es mit Unterstützung der Stiftung, alle Bedingungen für die so genannte "große Erlaubnis" zu erfüllen. Einige bereits bestehende Universitäten dagegen wurden von der Regierung wegen qualitativer Mängel geschlossen.

Das Massai College ist für die Stiftung von Hubert und Renate Schwarz das derzeit aufwändigste Projekt. Dessen ungeachtet fließen nach wie vor auch Spendengelder in ein Hortprojekt in der Stadt Arusha für fast 80 Schüler und Schülerinnen. Derzeit werden rund 40 Hortplätze durch Patenschaften finanziert. Joseph Jackson beispielsweise profitiert von einer dieser Patenschaften. Wie lange aber sein Glück anhält, steht in den Sternen. Seine Familie kann sich keine feste Bleibe leisten und ist so oft zur Wanderschaft gezwungen.

Im vergangenen Jahr unterstützte die Stiftung zusätzlich zu den Aktivitäten in Tansania in Nepal den Neubau einer zweistöckigen erdbebensicheren Schule für rund 200 Schülerinnen und Schüler, die nach dem schweren Erdbeben, das vor zwei Jahren weite Teile des Landes zerstörte, derzeit in Wellblechbehelfsbaracken unterrichtet werden. Ohne richtigen Schutz vor Nässe und Kälte. Die Spendenaktion "Kinder in Nepal" liegt Hubert und Renate Schwarz insofern auch am Herzen, weil für Mädchen und Buben in einem der ärmsten Länder der Welt ohne Bildung die Zukunftsprognosen ausgesprochen schlecht sind. Unmittelbar nach dem verheerenden Erdbeben hatte die Stiftung bereits Soforthilfe für die vom Unglück betroffenen Sherpa-Familien geleistet, ehe sie sich im 130 Kilometer von Kathmandu entfernten Bezirk Ramechhap an einem Schulhausneubau beteiligte.

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