Merkendorf: Gottesdienst zur Flüchtlingsfrage

22.4.2016, 12:17 Uhr
Merkendorf: Gottesdienst zur Flüchtlingsfrage

© Daniel Ammon

Stadtpfarrer Detlef Meyer betonte, dass die Flüchtlingskrise „die größte Herausforderung unseres Landes ist“. In seiner Predigt ging Münsterpfarrer Jochen Scherzer auf Jesus ein, der ebenfalls ein Flüchtling gewesen sei, als seine Eltern mit ihm kurz nach seiner Geburt vor König Herodes nach Ägypten flohen. „Auch die heutigen Familien wissen um die Bedrohung in ihren Ländern und ziehen Konsequenzen. Sie können es nicht aushalten und fliehen“, sagte Scherzer.

Die Fluchtursachen seien vielfältig: Verfolgung, Krieg und Terror zwängen die Menschen zur Flucht. Die Christen in Deutschland sollten Solidarität mit den verfolgten Christen zeigen, was keine Selbstverständlichkeit mehr sei, so der katholische Geistliche weiter. „Gleichzeitig müssen wir als Christen Sorge für alle Flüchtlinge haben.“ Doch das sei gar nicht so leicht: „Wir suchen Argumente dagegen. Die Fragen, die wir uns stellen, wie ,Werden wir denn nicht ausgenutzt?‘ oder ,Kommt der Terror mit den Flüchtlingen ins Land?‘ sind berechtigt“, so Scherzer weiter.

Den berühmt gewordenen Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel „Wir schaffen das!“ griff Scherzer auf. In der jüngeren Geschichte hätten die Deutschen schon viel geschafft. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Heimatvertriebenen aus den Ostgebieten integriert werden. „Da war die Hilfsbereitschaft da.“ Doch man könne die damaligen und die heutigen Heimatsuchenden nicht miteinander vergleichen. Damals hatten Einheimische und Flüchtlinge nach dem Krieg die gleiche Sprache und auch die gleiche Kultur. Heute kämen Menschen, „die eine andere Sprache, anderes Denken und eine andere Religion haben“, gab Scherzer zu bedenken. Die Andersartigkeit mache Angst. Die Helferkreise in den Städten und Gemeinden zeigten aber, dass „etwas wächst“. Die Flüchtlinge würden mit heimischer Hilfe zwar nicht zu „typischen Deutschen“. Das müssten sie aber auch gar nicht, betonte der katholische Pfarrer. Und weiter: „Unsere selbstgemachten Wirtschaftsprobleme bringen uns näher an den Ruin als die Flüchtlinge.“

Die Bedrohung durch den Terrorismus sei ein gesamtreligiöses Problem. Auch im Christentum gebe es Terror. Scherzer führte den IRA-Terror in Nordirland zwischen Katholiken und Protestanten an und bezeichnete diesen als „religiösen und politischen Konflikt“. Die Menschen in Deutschland müssten die Asylsuchenden als Individuen und Menschen wahrnehmen, schärfte der Geistliche der Gemeinde ein. „Wir brauchen offene Herzen für Flüchtlinge.“ Ebenso müssten die Politiker und die Beamten in den Behörden immer den individuellen Menschen im Blick haben.

Im Rahmen des Gottesdienstes kam auch ein Asylbewerber zur Wort, der von seiner Flucht und den Erfahrungen der Hilfsbereitschaft in Bayern erzählte. Denn man wolle nicht nur über die Flüchtlinge reden, erklärte Pfarrer Detlef Meyer.

Sarkis Kalandrian, der in einer Flüchtlingsunterkunft in der Merkendorfer Altstadt lebt, erzählte seine Geschichte. Die Gemeinde hörte gespannt zu, als der armenische Christ aus Syrien in deutscher Sprache die gefährliche Flucht nach Europa schilderte. Kalandrian hatte ein Restaurant und eine Obstplantage in Syrien. Als 2011 der Bürgerkrieg ausbrach, floh er zu seinem Onkel innerhalb Syriens. Dann ging es nach Beirut, in die Türkei und mit dem Boot nach Griechenland. Über die Balkanroute kam er per Bus und Zug nach Deutschland und lebt seit gut einem Jahr in der Krautstadt. In Wolframs-Eschenbach besucht er einen Deutschkurs und arbeitet für die Stadt Merkendorf. Er schneidet die Bäume im Stadtgebiet. Im Helferkreis und in Merkendorf selbst hat er viel Hilfe erfahren. Dafür bedankte sich der Syrer. Kalandrian hofft, hier bleiben zu können.

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