Nikolaus feiert Wiedergeburt

5.12.2011, 18:57 Uhr
Nikolaus feiert Wiedergeburt

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Heiligabend kommt das Christkind zur Bescherung, das ist so weit klar. Welche Rolle spielt dann aber dieser Kerl mit der roten Kutte und dem weißen Rauschebart, der sich immer mehr als Symbolfigur weihnachtlichen Schenkens in den Vordergrund spielt? Der mit dem Rentierschlitten daherkommt, durch den Kamin saust und als Stoffpuppe überall an Hausfassaden hängt?

Der Weihnachtsmann, um den es hier geht, ist ein Kunstprodukt und der Coca-Cola-Werbung entsprungen, ätzen Kritiker über den „Geschenkepaten der Konsumindustrie“. Doch der Kommerz-Onkel ist schier unaufhaltsam auf dem Vormarsch. In den Regalen der Supermärkte hat er als Schokoladengestalt längst den heiligen Nikolaus verdrängt.

Soziales Engagement

St.Nikolaus? Ältere erinnern sich noch an den Bischof von Myra, der im 4.Jahrhundert in einem Landstrich in Kleinasien lebte, der heute zur Türkei gehört, und sich um die Schwachen in der Gesellschaft kümmerte. An seinem Gedenktag, dem 6.Dezember, erfreut er die Kinder mit einem Säckchen, in dem sich Äpfel, Nüsse und Plätzchen befinden. Und — ausgerechnet — ein Schoko-Weihnachtsmann.

Schoko-Nikoläuse sind nämlich Mangelware geworden. In den siebziger Jahren verschwanden sie fast völlig vom Markt. Doch nun hat eine zaghafte Gegenbewegung eingesetzt: Der Mann mit Mitra und Bischofsstab feiert eine Art Wiedergeburt.

Etwa bei Riegelein in Cadolzburg, Landkreis Fürth. Der Hersteller von Schoko-Hohlfiguren zählt zu den wenigen Firmen, die dem echten Nikolaus wieder eine Chance geben. Zum 60- und 100-Gramm-Heiligen in der bunten Alufolie gesellte sich 2009 die 140-Gramm-Ausfertigung. Mitra und Bischofsstab sind aus Pappe und angeklebt, damit St. Nikolaus besser zur Geltung kommt.

Fairtrade-Heiliger

„Es gibt wohl eine Rückbesinnung auf Traditionsbewusstsein und christliche Symbolik“, meint Firmensprecher Wolfgang Raczek. Der gute alte Heilige ist wieder gefragt, doch an die Umsatzzahlen des Weihnachtsmanns kommt er (noch) nicht heran. Jetzt will das Cadolzburger Familienunternehmen, das sich zu den Marktführern der Branche zählt und im Jahr rund 18000 Tonnen Schokolade verarbeitet, mit dem Fairtrade-Nikolaus weiter punkten. Auch die Norma hat den Bischof wieder im Programm. „2009 haben wir die Idee gehabt, den klassischen Nikolaus wieder aufleben zu lassen“, erläutert Wolfgang Stütz, Mitglied der Geschäftsleitung des Discounters mit regionalen Wurzeln.

Es war ein Versuch, und er hat geklappt. Die Nachfrage hat Norma einigermaßen überrascht: „Wir mussten im ersten Jahr nachproduzieren“, erinnert sich Stütz. Zwar ist in den neuen Bundesländern das Geschäft mit dem Heiligen eher flau, doch vor allem in Franken und Bayern läuft es prima. „Wir haben viele positive Zuschriften von Kunden erhalten“, sagt Stütz, „nicht nur vom katholischen Hausfrauenbund“.

Zahlreiche Dankesbriefe

Über eine positive Resonanz freut man sich auch bei Playmobil in Zirndorf im Landkreis Fürth. Im vergangenen Jahr hatte der Spielzeughersteller dem Heiligen zu einer Renaissance verholfen. Firmensprecherin Judith Weingart berichtet von vielen Dankesbriefen und -Mails von Kindern, aber auch von Religionspädagogen, Eltern und Erzieherinnen. Der „Nikolaus mit Christkind“ sei schlichtweg „eine schöne Ergänzung unseres Programms“.

Nikolaus ist also auf einem guten Weg. Derweil winkt einem weiteren populären Heiligen ein ähnliches Schicksal wie der legendären Bischofsgestalt: Nun droht St.Martin ins Hintertreffen zu geraten. Landauf, landab huldigen die Kinder in zunehmender Zahl dem Halloween-Spektakel — übrigens eine US-amerikanische Erfindung wie der Weihnachtsmann.