Akten des NSU-Prozesses auf Kölner Straße gefunden

29.9.2015, 14:40 Uhr
Akten des NSU-Prozesses auf Kölner Straße gefunden

© dpa/Peter Kneffel

Gleich zwei Vorfälle haben am Dienstag ein schlechtes Licht auf die Anwälte im NSU-Prozess geworfen - aus ganz unterschiedlichen Gründen. Zunächst enthüllte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl einen peinlichen Vorgang: Ein Kölner Fundbüro habe angerufen, weil eine CD mit Aktenstücken aus dem Verfahren auf einem Bürgersteig gefunden worden sei. Wenig später geriet ein Verteidiger in anderer Sache in Erklärungsnot und erhielt aufgrund von Unstimmigkeiten eine Erklärungsfrist von einem Tag.

"Welcher Anwalt vermisst eine Nachlieferung?", fragte Götzl im Oberlandesgericht München mit Blick auf die gefundene Daten-CD. Allerdings meldete sich darauf niemand im Saal. In Nachlieferungen fasst das Gericht regelmäßig neu hinzugekommene Schriftstücke zusammen und verschickt sie als digitale Dateien auf CDs an die Prozessbeteiligten. Sie sind durchweg vertraulich. Darin befinden sich häufig auch Unterlagen von Ermittlungsbehörden oder Geheimdiensten über die Hauptangeklagte Beate Zschäpe, ihre mitangeklagten mutmaßlichen Unterstützer und die rechtsextreme Szene.

Mit scharfen Worten attackierte der Richter außerdem den Kölner Anwalt Ralph Willms. Er vertritt in dem Prozess eine Frau, die bei dem Nagelbombenanschlag des NSU im Juni 2004 an der Keupstraße in Köln verletzt wurde. Das Gericht habe mehrfach vergeblich versucht, die Frau als Zeugin zum Prozess zu laden. Götzl warf Willms vor, ein Attest versprochen, aber nicht geliefert zu haben.

"ohne tatsächliche Bedeutung"

Auf mehrfache Nachfrage sagte der Anwalt, seine Mandantin liege in der Türkei im Krankenhaus. Den Kontakt zu ihr halte er nicht direkt, sondern über einen Mann, der ebenfalls zu den Geschädigten des Keupstraßen-Anschlags gehöre. Das allerdings bestritt dessen Anwalt energisch. Götzl drohte am Ende mit Ermittlungen und setzte Willms eine Erklärungsfrist von einem Tag.

Das Gericht lehnte am Dienstag außerdem zahlreiche Anträge von Nebenklägern ab. Darin ging es etwa um bundesweite Kontakte zwischen Neonazis oder mögliche Waffenschiebereien.

Für ein Urteil gegen Zschäpe und ihre mutmaßlichen Helfer seien diese Aspekte "ohne tatsächliche Bedeutung", sagte Richter Götzl. Das Gericht habe geprüft, ob sich beim derzeitigen Stand der Beweisaufnahme "etwas ändere", würden die gewünschten Beweise erhoben, und diese Frage verneint.

Zschäpe muss sich im NSU-Prozess wegen der zehn Morde und aller anderen Verbrechen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" verantworten. Das Verfahren läuft seit Mai 2013. Dienstag war der 232. Verhandlungstag.

Keine Kommentare