Bloggerin: Wieso Frauenzeitschriften nicht mehr zeitgemäß sind

7.3.2019, 05:55 Uhr
Sind Mädchen- und Frauenmagazine noch zeitgemäß? Diese Frage stellte sich die feministische Bloggerin Nhi Le.

© Karl-Josef Hildenbrand Sind Mädchen- und Frauenmagazine noch zeitgemäß? Diese Frage stellte sich die feministische Bloggerin Nhi Le.

Wenn Frauen bloggen, kann es dann mehr sein als Schmink-Tutorials? "Auf jeden Fall!" Die Leipzigerin Nhi Le zeigt, dass im Internet auch ernste Themen bestehen können - trotz der Dominanz von Mode-Blogs. Die 24-Jährige vertritt auf ihrer Webseite (www.nhi-le.de) klare Standpunkte zu Feminismus und Medienkultur, sie tritt auf Bühnen und in Medien auf. Schnell wird klar: Die junge Frau hat etwas zu sagen.

Das kommt im Netz gut an. Obwohl es sich um umstrittene Themen handelt, seien die Rückmeldungen überwiegend bestärkend, erklärt sie. Besonders, seitdem sie ihre Erfahrungen über Sexismus (und Rassismus) im Alltag publik machte. Wenn ihr etwa Männer auf der Straße hinterherschauen, pfeifen - und anzüglich oder beleidigend werden. "Das war eine Zeitlang fast täglich der Fall, dass ich damit konfrontiert wurde." Sie begann schließlich, darüber zu schreiben, sich mit der Community auszutauschen.

Ob sie deshalb eine Feministin ist? "Na klar", antwortet sie und Stolz schwingt mit. Ab welchem Alter kann man das eigentlich werden? "Dafür gibt es kein besonderes Startalter." Feminismus betreffe jeden Lebensbereich. Immerhin gebe es schon Kinderbücher, die von Gleichberechtigung handeln.


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Doch die meisten Mädchen beschäftigen sich eher mit: "Bravo Girl". Zeitschriften wie diese hat Nhi Le für ihre Bachelorarbeit auf deren Frauenbild hin untersucht. Die Ergebnisse erschreckten sie. So drehen sich die Magazine seit jeher hauptsächlich darum, den jungen Leserinnen Tipps zu geben, wie sie besser beim anderen Geschlecht ankommen. "Diesen werden kaum andere Interessen zugestanden als Mode, Beauty und Jungs." Ein sehr eindimensionales Frauenbild, erklärt Nhi Le, die sich seit ihrer Jugend für politische Themen interessiert. 

Hauptsache sei, anderen zu gefallen. Zu Sport werde nur geraten, um schlank und hübsch auszusehen - nicht etwa, weil es das eigene Wohlbefinden fördert.

Eine andere Maxime lautet Nhi Le zufolge, die Aufmerksamkeit von Jungs zu bekommen. "Das ist super rückschrittlich." Dazu geben die Zeitschriften "komische, fragwürdige und problematische Flirttipps". Schüchternen werde geraten, sich zu verstellen. Auch Auf-Tollpatsch-Machen komme angeblich gut an, weil der Junge dann den Beschützer spielen könne. Kurzum: "einschränkende Geschlechter-Rollen für sowohl Mädchen als auch Jungen."

Die Bewegung um #MeToo scheint dort nicht angekommen zu sein. Nhi Le hat heutige Ausgaben auch mit denen aus dem Jahr 1999 verglichen. "Tatsächlich hat sich inhaltlich kaum etwas verändert."

Auch im Erwachsenenalter werde die Lektüre nicht besser - wie Nhi Le weiter aufzeigt. Geht es nach den einschlägigen Magazinen interessieren sich auch die 18- bis 34-Jährigen nur für Mode und Lifestyle. Besonders problematisch sei das Geschäft mit den Anzeigen. Die Zeitschriften propagieren: "Wenn du dieses oder jenes kaufst, dann macht dich das schöner und besser." Die Selbstoptimierung steht im Vordergrund. Einerseits sollen Frauen stark sein, andererseits braucht es bestimmte Produkte, dass Frauen selbstbewusst sind. Ein Widerspruch.

Nhi Le hat ihrer Abschlussarbeit nicht umsonst selbstironisch den Titel gegeben: "An den Männern liegt es nicht." Ihre These: Dieser Leitsatz zieht sich durch sämtliche Mädchen- und Frauenzeitschriften. Das impliziert, "dass jegliche Problematiken im Leben immer von einem selbst ausgehen". Besser wird es nur, wenn man seinen Charakter ändert - oder diese Produkte kauft. Gesellschaftliche Kontexte werden nicht gesehen, moniert die Expertin.


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Nicht zuletzt deshalb wird die Kritik an den Magazinen immer lauter. Doch wieso ändert sich kaum etwas? Ein Umdenken merkt die Speakerin nicht. Vielleicht liege es daran, weil die Redaktionen nicht divers genug seien.

Sollte man die klassischen Formate nicht lieber ganz abschaffen? "Sie sind ja auch nur ein Spiegel unserer Gesellschaft." Dafür werde es immer einen Markt geben. Immerhin hänge da eine ganze Industrie dran. "Und Produkte verkaufen sich am besten mit Selbstzweifeln."

Nun hatte es schon Nhi Le in ihrer Jugend in Thüringen nicht leicht - wie sie auf ihrem Blog schildert. Aber sie glaubt auch, dass es junge Frauen jetzt noch schwieriger haben "als zu meiner Zeit". Es gebe noch mehr Stressfaktoren, Stichwort Soziale Netzwerke.

Deshalb gibt sie nur ungern Ratschläge. Sie könne nur appellieren, junge Frauen und ihre Lebensrealität ernstzunehmen. "Das, was sie durchmachen, ist wichtig. Und das ist es wert, darüber zu sprechen." Einen Ratschlag könne sie jedenfalls nicht mehr hören: "Sei du selbst." Schließlich wisse man in seiner Jugend noch gar nicht, wer dieses "Du selbst" eigentlich ist. Natürlich ist es dennoch wichtig, dass man sich auf sich selbst konzentriert.

Den Blog "Nhi Le" finden Sie hier.

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