"Germany's Trump": New York Times nimmt Söder aufs Korn

9.7.2018, 19:40 Uhr
Ministerpräsident Markus Söder vor dem Heimatministerium in Nürnberg, das er bis vor wenigen Monaten leitete.

© dpa Ministerpräsident Markus Söder vor dem Heimatministerium in Nürnberg, das er bis vor wenigen Monaten leitete.

Schon die Überschrift dürfte dem bayerischen Ministerpräsidenten nicht schmecken: "Der Mann, den sie 'Deutschlands Trump' nennen" heißt der von Katrin Bennhold verfasste Artikel über den fränkischen Charakterkopf. Die Journalistin ist gebürtige Deutsche und leitet das Berlin-Büro der New York Times. Anhand einer Bierzelt-Rede in Baierbrunn - einer kleinen Gemeinde nur zwei Kilometer östlich des Starnberger Sees gelegen - porträtiert sie Söder.

Natürlich nicht, ohne auch Teile seiner Rede wiederzugeben. "In Berlin müssten überall große Schilder hängen auf denen 'Danke Danke, Danke, Bayern' steht", wird der 51-Jährige zitiert. Für die Einen sei Söder ein "Populist, der sich in Panikmache ergeht", für die Anderen "der Sohn eines Bauarbeiters, der die Ängste der normalen bayerischen Bevölkerung versteht". Bennhold zeichnet ein dezidiert kritisches Bild von Söder, vor allem von dessen Position in der Migrationspolitik.

Söder nahe an den Populisten

"Söder klingt sehr wie die AfD wenn er - obwohl die Flüchtlingszahlen auf das Vorkrisenniveau zurückgegangen sind - davor warnt, dass die Flüchtlingskrise nach Deutschland zurückkehren werde und große Teile des Landes bereits zu rechtsfreien No-Go-Areas geworden seien", heißt es in dem Porträt. Außerdem stehe Söder in einer Reihe mit Trump, wenn er behaupte, Zuwanderung löse eine Welle der Kriminalität aus. Mehrfach wirft die New York Times dem Ministerpräsidenten tatsachenwidrige Behauptungen vor.

Auch der Mensch Markus Söder wird in dem Text beleuchtet - allerdings nicht minder kritisch. "Er lebt abstinent, trinkt zuckerfreie Limonade und Wasser - außer, eine Kamera ist in der Nähe. Dann nippt er auch am Bier." Von deutschen Journalisten, die Söders Wahlkampf-Tour begleiten, will Bennhold erfahren haben, dass er "häufig über seine Wurzeln in einem bescheidenen Nürnberger Arbeiterviertel spricht, aber weniger häufig darüber, die Tochter eines wohlhabenden Geschäftsmannes geheiratet zu haben."

"Heimat als Gegengift zur Globalisierung"

Ansonsten viel Bekanntes: Das Poster von Franz-Josef Strauß über Söders Jugendbett, seine steile Karriere durch die Ministerien, die ausgefallenen Faschingskostüme oder seine Verbundenheit zu Nürnberg. "In Bayern treten wir für unsere Werte ein", sagt Söder im Bierzelt. Und: "Heimat ist das Gegengift zur Globalisierung."  Bayern, das ist ein "Land, in dem Politik Folklore ist, und Folklore Politik", findet dagegen die New York Times.

Für Jubelstürme dürfte Karin Bennholds kritisches Porträt beim Ministerpräsidenten wohl kaum sorgen. Doch - auch das thematisiert die New York Times - als ausgebildeter Journalist weiß Söder, wie wichtig mediale Präsenz ist. Sogar dann, wenn die Berichterstattung nicht sehr wohlwollend ausfällt.

 

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