Gigantisches Projekt, gigantische Kosten

12.5.2014, 12:06 Uhr
Gigantisches Projekt, gigantische Kosten

© Region Réunion

Eine moderne Autobahn durch den Indischen Ozean, die entlang der Küste der Insel Réunion führt und auf Pfählen ins Meer gebaut ist, an denen sich die Wellen brechen — nicht nur das Projekt selbst klingt gigantisch. Sondern auch sein Preis: Für eine doppelt dreispurige Bahn mit einer Länge von zwölf Kilometern werden mindestens 1,66 Milliarden Euro veranschlagt — also gewaltige 138 Millionen Euro pro Kilometer.

Das dürfte aus ihr die teuerste französische Autobahn machen, denn die östlich von Madagaskar gelegene Insel ist ein Übersee-Departement sowie eine Region Frankreichs. Nachdem die Planungen bereits seit 2010 laufen, sollen demnächst die Bauarbeiten beginnen, damit die neue Küstenstraße ab 2021 die Hauptstadt Saint-Denis mit dem Hafen verbindet, wie das französische Wirtschaftsmagazin Challenges berichtet.

So traumhaft die Insel auch ist, so wird die Verkehrssituation vor allem rund um die Hauptstadt für viele Inselbewohner mehr und mehr zum Alptraum, wo endlos scheinende Staus die Regel sind.

60000 Autos täglich

Deshalb nennt der Präsident der Region Réunion, Didier Robert, den Ersatz der bisherigen Autobahn „eine absolute Notwendigkeit“, die 1976 für ein Verkehrsaufkommen von 10000 Autos pro Tag errichtet wurde, während sie heutzutage täglich 60000 nutzen.

Außerdem werde die aktuelle „riskante und kostspielige Infrastruktur“ trotz Verbesserungen durch Sicherheitsarbeiten dennoch noch immer regelmäßig durch Steinfall beeinträchtigt.

Die neue Straße soll deshalb weiter entfernt von der Felsküste sein, Windböen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 150 Stundenkilometern und zehn Meter hohen Wellen widerstehen.

„Heute müssen wir die Straße an 30 bis 40 Tagen im Jahr schließen, was große Verkehrsprobleme hervorruft“, erklärt Robert, der sich von den siebenjährigen Bauarbeiten außerdem einen ökonomischen Schub und die Schaffung von 4500 direkten und indirekten Arbeitsplätzen in einer wirtschaftlich gebeutelten Region erhofft, in der die Arbeitslosigkeit bei 30 Prozent liegt, bei unter 25-Jährigen ist sie sogar doppelt so hoch.

Dennoch hat das Projekt zahlreiche Gegner, die auch bereits die Justiz eingeschaltet haben, von der politischen Opposition über Bürgervereinigungen bis hin zu Umweltschutz-Gruppen, die negative Auswirkungen auf Fauna und Flora befürchten. Der Abgeordnete Thierry Robert fordert beispielsweise eine Volksbefragung, um die Menschen in den Prozess mit einzubeziehen. Auch unter den drei beauftragten Bau-Unternehmen herrscht Streit.

Firma will klagen

Die Firma Eiffage will beispielsweise gerichtlich wegen unlauteren Wettbewerbs dagegen vorgehen, dass seine Konkurrenten Bouygues und Vinci den Löwenanteil des Riesenprojektes zugesprochen bekommen haben.

Die Gegner halten eine Renovierung der aktuellen Straße zwar für notwendig. Doch vor allem die hohen Kosten sind scharf in der Kritik, die sich der französische Staat, die Region und die Europäische Union aufteilen.

Während der Architekt François Payet von 600 Millionen Euro mehr als bislang veranschlagt ausgeht, kann sich der Protest-Zusammenschluss „Nein zur neuen Küstenstraße“ am Ende sogar Gesamtkosten von drei Milliarden Euro vorstellen.

Nicht nur geht man von „geologischen und klimatischen Überraschungen“ während der Bauphase aus, auch gilt der geplante Anschluss der neuen Straße an die Hauptstadt als noch wenig ausgereift. „In Réunion ufern sowieso alle Baustellen aus“, erklärt etwa die Aktivistin Catherine Gaud. Was den Berlinern ihr Hauptstadtflughafen BER ist, könnte für Frankreich womöglich die Küstenstraße rund um Réunion werden.

Amtssprache ist Französisch

Bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts hinein war die Insel Réunion unbewohnt. Im Zuge der französischen Kolonialisierung kamen französische Siedler auf die Insel, die für die Plantagenwirtschaft (Bourbon-Vanille, Zuckerrohr) Sklaven aus Madagaskar, Ostafrika und Indien dorthin verschleppten.

Noch heute ist die einzige Amtssprache und überwiegende Schriftsprache auf der Insel das Französische.

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