Namenmode bringt die Bibel auf den Spielplatz

10.3.2012, 15:00 Uhr
Namenmode bringt die Bibel auf den Spielplatz

© dpa

Geht es nach Namen, dann tummeln sich derzeit auf deutschen Spielplätzen viele biblische Gestalten. Nun ja, Jonas wird nicht vom Wal verschluckt, er schmeißt Steine in den Goldfischteich. Maria spielt Vater-Mutter-Kind. Elias prophezeit anderen Kindern Schreckliches, und Paul geht wie ein Apostel zu allen Freunden, um ihnen etwas Tolles zu erzählen.

Unter den zehn beliebtesten Vornamen 2011, vorgestellt am Freitag von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), finden sich bei Mädchen wie Jungen je sechs biblische Namen. Und auch die alten und neuen Spitzenreiter stammen aus der Antike: Sofie/Sophie (vom altgriechischen Wort für Weisheit) und Maximilian (von lateinisch Maximus/der Größte). Namen mit germanischen oder romanischen Wurzeln fehlen derzeit unter den Top Ten.

Im Alltag so praktisch

Ist Deutschland also religiöser als angenommen? Die biblische Herkunft der Namen sei vielen Eltern vermutlich nicht mehr bewusst, meint GfdS-Sprachforscher Lutz Kuntzsch. Aber die alten hebräischen Namen sind klangvoll und kurz, das finden deutsche Eltern derzeit schick. Auch Sprache sei ökonomisch. «Kurze Namen sind im Trend.»

Bestes Beispiel: Ben. Die Kurzform von Benjamin schaffte auf der GfdS-Liste 2011 einen Sprung von Platz 11 auf Platz 6. Die langen Jungennamen Maximilian und Alexander liegen auch deshalb vorne, weil man sie im Alltag so praktisch zu Max/Maxi oder Alex verkürzen kann. Die zweisilbigen Namen Sophie, Marie oder Mia sind populärer als die dreisilbigen Sophia oder Maria.

Für die Sprachgesellschaft in Wiesbaden erfüllt die alljährliche Namenszählung mehrere Zwecke. Sie nähert sich langsam einer amtlichen Statistik an, wie es sie in der Schweiz und in Österreich gibt. Der wachsende Datenpool hilft bei der Sprachberatung, Standesämter oder Eltern rufen oft in Wiesbaden an. Was ist mit Figuren aus Filmen oder Romanen? Legolas, der heldenhafte Elb aus Tolkiens «Herr der Ringe», ist als Jungenname zulässig.

Irgendwann wieder Hans und Peter?

Oder gehen gänzlich neue Namen? Chelo und Demeo wurden 2011 erstmals registriert. Die GfdS gibt ihre Erkenntnisse auch an Autoren von Deutschbüchern im In- und Ausland weiter. «Die Leute müssen nicht mehr Hans und Peter heißen», sagt Kuntzsch.

Aber vielleicht heißen sie irgendwann wieder Hans und Peter. Die Namenmode wandelt sich über mehrere Jahrzehnte. Derzeit völlig out sind die Namen der Nachkriegsgeneration, beobachtet GfdS-Mitarbeiterin Frauke Rüdebusch - all die Rudolfs, Wolfgangs oder Gerhards. «Es gibt eine Rückkehr zu etwas älteren Namen», die den altmodischen Charme der Großelterngeneration verströmen.

Ein Beispiel ist Emma, die seit drei Jahren bei der GfdS unter die Top Ten kommt. So heißt einerseits das Teenageridol Emma Watson, die in den «Harry Potter»-Filmen die treue Kameradin des Zauberlehrlings spielt. So heißen auch Großmütter und Großtanten. Bei den Jungen sind Emil und Karl wieder im Kommen.

Damit gibt es sogar Hoffnung für Otto - typisch deutsch, einfachst gestrickt, vorwärts wie rückwärts lesbar. Niemand muss mehr befürchten, dass der Name ausstirbt. 2011 wurden in Deutschland mindestens 376 kleine Ottos geboren. Das macht Platz 173 auf der GfdS-Rangliste.

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