Proteinforscher räumen Nobelpreis für Chemie ab

3.10.2018, 15:21 Uhr
Proteinforscher räumen Nobelpreis für Chemie ab

© Heikki Saukkomaa/dpa

Mit der Evolution als Vorbild haben drei Proteinforscher Möglichkeiten für eine umweltfreundlichere Herstellung von Arznei- und Biokraftstoffen geschaffen – und bekommen dafür nun den Nobelpreis für Chemie. Die mit etwa 870.000 Euro (9 Millionen Schwedischen Kronen) dotierte Auszeichnung geht zur Hälfte an die US-Amerikanerin Frances Arnold (62) und zur anderen Hälfte an ihren Landsmann George Smith (77) sowie den Briten Gregory Winter (67), wie die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm mitteilte.

Es sei den drei Forschern gelungen, die Evolution zu kontrollieren und für Zwecke einzusetzen, die der Menschheit größten Nutzen gebracht haben. Als "Star des Enzym-Engineerings" bezeichnet das Nobelkomitee die US-Amerikanerin Frances Arnold, fünfte Chemie-Nobelpreisträgerin bisher, die heute am California Institute of Technology in Pasadena arbeitet. Mit ihrem Verfahren können Moleküle wie Proteine oder DNA optimiert werden. Maßgeschneiderte Enzyme werden etwa zur Produktion von Arznei- oder Biokraftstoffen genutzt – die damit häufig umweltfreundlicher ist als zuvor, wie das Nobelkomitee betont.

George Smith entwickelte eine Methode, bei der sogenannte Bakteriophagen – Viren, die Bakterien infizieren – genutzt werden, um neue Proteine entstehen zu lassen. Dieses Phagen-Display genannte Verfahren nutzte Gregory Winter in Cambridge, um gezielt Antikörper für bestimmte Zwecke zu entwickeln. "Diese Errungenschaft war der Ausgangspunkt einer pharmazeutischen Revolution", schreibt das Nobelkomitee.

Werkzeug zur Entwicklung von Antikörpern

Aus den Arbeiten ging etwa der humane Antikörper Adalimumab hervor, der unter anderem gegen rheumatoide Arthritis eingesetzt ist. Antikörper werden auch in der Tumortherapie verwendet oder zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit erforscht.

Am Dienstag hatten drei Laser-Experten für die Entwicklung hochpräziser Werkzeuge aus Licht den Nobelpreis für Physik zuerkannt bekommen. Eine Hälfte des Preises geht an den US-Amerikaner Arthur Ashkin (96). Der Franzose Gérard Mourou (74) und die Kanadierin Donna Strickland (59) teilen sich die zweite Hälfte.

Von der Erfindung, die Mourou und Strickland gemeinsam erarbeiteten, profitieren Millionen Patienten weltweit. Am bekanntesten dürfte die Abtragung von Hornhaut durch Laser sein, die weltweit millionenfach vorgenommen wird. Künftig könnten auch neue Medikamente, effizientere Solarzellen oder bessere Katalysatoren erzeugt werden, betont das Nobelkomitee.

Science Fiction wird zur Wirklichkeit

Bis zu den Entwicklungen der Forscher galt es als Science Fiction, die Kraft des Lichts zu nutzen. In der US-Serie "Star Trek" etwa verfügt das Raumschiff über einen Traktorstrahl, mit dem sich Objekte festhalten und bewegen lassen. Die von Ashkin entwickelten Optischen Pinzetten kommen dieser Vorstellung zumindest nahe: Mit ihnen lassen sich einzelne Bakterien, Viren und lebende Zellen mit Laserstrahlen festhalten und bewegen. Solche Laserpinzetten werden inzwischen in etlichen Laboren eingesetzt. Der mit 96 Jahren bisher älteste Nobelpreisträger überhaupt reagierte gelassen auf die Würdigung. Er könne wohl keine Interviews geben, sagte Ashkin dem Nobelkomitee, er sei sehr beschäftigt mit einer aktuellen Veröffentlichung. Ausgelassener reagierte Strickland auf den Anruf aus Stockholm: "Zuerst muss man denken: Das ist verrückt." Strickland ist erst die dritte Physik-Nobelpreisträgerin – 55 Jahre nach Maria Goeppert Mayer (1963). Marie Curie hatte 1903 einen Physik- Nobelpreis bekommen. "Wir müssen Physikerinnen feiern, denn es gibt sie da draußen", sagte Strickland. "Ich fühle mich geehrt, eine dieser Frauen zu sein."

Am Montag waren die Preisträger in Medizin bekanntgegeben worden: Der US-Amerikaner James Allison und der Japaner Tasuku Honjo erhalten die hochdotierte Auszeichnung für die Entwicklung von Immuntherapien gegen Krebs. Die feierliche Überreichung der Nobelpreise findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel.

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