Red Bull will Antwort auf "Krise des Journalismus" geben

25.9.2017, 19:19 Uhr
Will sein Medienimperium vergrößern: Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz.

© Jan Woitas/dpa Will sein Medienimperium vergrößern: Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz.

Bescheidenheit kann den Machern des neuesten Medienprojekts des österreichischen Unternehmers Dietrich Mateschitz (73) nicht nachgesagt werden. Das Team wolle die "multimediale Antwort auf die viel zitierte Krise des Journalismus" geben, sagt Jan Thies, einer der Verantwortlichen, in einer Videopräsentation. Die seit Monaten erwartete Rechercheplattform "Addendum" ("das Hinzuzufügende") hat am Montag erste Inhalte veröffentlicht. Doch kann das von Mateschitz (Red Bull) kräftig finanzierte Projekt namens "Quo Vadis Veritas" ("Wo gehst du hin, Wahrheit") halten, was es verspricht? Das erste Thema dreht sich komplett um Asyl und die Migrationskrise.

"Obwohl weder die Genfer Flüchtlingskonvention noch die Asylregeln der EU ein explizites, individuelles Recht auf Asyl beinhalten, hat sich über die Hintertür eines engmaschigen Netzes aus Regelungen, die die Rückstellung von abgelehnten Asylbewerbern verhindern, eine Art de-facto-Asylrecht etabliert", heißt es zu Beginn eines Texts.

Keine ideologische Motivation

Die Arbeit der Reporter und Experten im Haus solle als Grundlage für eine qualifizierte, aber durchaus auch kontroverse politische und gesellschaftliche Debatte dienen. Es werde aber sicherlich kein "ideologisch motiviertes Meinungsportal im Sinne einer 'Gegenöffentlichkeit'", teilte das Team bereits vor dem ersten Auftritt mit. Internationale Medien hatten "QVV" vor der Veröffentlichung mit der rechten Newsseite Breitbart verglichen. Das angeworbene Personal spricht jedenfalls nicht dafür. Das Nachrichtenmagazin profil stellt aber die Frage, ob "eine (Selbst-)Zensur im Sinne der Geldgeber" stattfinden könnte.

"Die Bürger haben den Eindruck, dass sie manipuliert werden", sagt Journalist und QVV-Geschäftsführer Michael Fleischhacker. Traditionelle Medien würden zwar nicht absichtlich die Unwahrheit verbreiten, allerdings würden die Informationen immer mehr und gleichzeitig immer unvollständiger. "Das was da nicht stimmt, ist, dass etwas fehlt." Das wollen die Journalisten, die laut der Bewerbungsausschreibung uneitel sein sollen, und Experten von "Addendum" nun ändern.

Wochenlange Recherche

Sechs Wochen Zeit will sich das Team für die Recherche eines Großthemas nehmen. Danach folgte eine Woche lang täglich die Veröffentlichung von mehreren Stücken wie Texten, Grafiken und Videos. Das Projekt konnte in den vergangenen Monaten viele namhafte und langgediente Journalisten an Bord holen.

"Ich bin jemand, der sich grundsätzlich jedem Meinungsdiktat widersetzt", sagte Mateschitz der Kleinen Zeitung in einem seiner raren Interviews. Der Österreicher, der mit Red Bull ein weltweites Getränkeimperium geschaffen hat, sieht Individualismus und Nonkonformismus als Eckpfeiler seines Weltbildes.

Alte Weggefährten helfen mit

"QVV" ist offiziell kein Teil des Red-Bull-Konzerns. Vielmehr steht eine gemeinnützige Stiftung dahinter. Mateschitz, der Fußballvereine und zwei Formel-1-Teams gegründet hat, finanzierte das Unternehmen zunächst mit einer Million Euro.

Bei dem Aufbau des Projekts setzt Mateschitz auf langjährige Weggefährten. Fleischhacker, ehemaliger Leiter der konservativen Zeitung Die Presse und des erfolglosen österreichischen Online-Ablegers der Neuen Zürcher Zeitung, moderiert seit langem eine Talksendung auf Mateschitzs Sender Servus TV.

Die Einladungspolitik bei der Diskussionsrunde im mondänen Hangar7 nahe dem Salzburger Flughafen sorgte dabei oft für Aufregung, etwa als in ihr ein rechtsextremer Identitärer Platz nehmen durfte, als es um die mögliche Bedrohung durch muslimisch-radikale Jugendliche ging. Auch für die Finanzen und Rechtsangelegenheiten engagierte er Vertraute, die schon lange Vorstandsmitglieder bei Red Bull sind.

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