Storch-Parodie: Twitter sperrt Satire-Blatt "Titanic"

3.1.2018, 17:42 Uhr
Nichts geht mehr: Diesen Screenshot verbreitet die "Titanic" selbst über ihre Homepage.

© twitter.com Nichts geht mehr: Diesen Screenshot verbreitet die "Titanic" selbst über ihre Homepage.

Das Satiremagazin Titanic parodiert Tweets der AfD-Politikerin Beatrix von Storch und handelt sich so Ärger mit Twitter ein. Daran gibt es nicht nur in den sozialen Medien Kritik. Erst hatte der Kurznachrichtendienst einen Tweet der AfD-Bundestagsabgeordneten gelöscht, weil diese sich darüber aufgeregt hatte, dass die Kölner Polizei an Silvester auch in arabischer Sprache getwittert hatte. Von Storch hatte in ihrem Tweet von "muslimischen Männerhorden" gesprochen. Twitter sperrte ihren Account vorübergehend mit dem Hinweis auf einen "Verstoß gegen Regeln über Hass-Inhalte". Mittlerweile ist er wieder erreichbar. Nachdem Titanic vermeintlich im Namen der Politikerin erneut über "Barbarenhorden" gewittert hatte, wurde am Dienstag auch dieser satirische Tweet gelöscht.

Der Account des "endgültigen Satiremagazins" ("Derzeit twittert als Gast: Beatrix von Storch (Kürzel: bvs)") wurde ebenfalls geblockt. Das irritiert neben vielen Twitternutzern auch den Deutschen Journalisten-Verband: Er forderte am Mittwoch von den Verantwortlichen, "jegliche Form von Zensur gegenüber dem Satiremagazin Titanic sofort zu beenden." Die Social Media-Verantwortlichen hätten mit ihrem Vorgehen massiv in die Pressefreiheit eingegriffen.

DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall kritisierte das Verhalten als "vorauseilenden Gehorsam, um mögliche Geldstrafen nach dem NetzDG zu verhindern". Twitter teilte am Mittwoch auf Anfrage mit, keine Kommentare zu einzelnen Accounts abzugeben – und keine Erklärung zu den Hintergründen. Das seit Jahresbeginn Januar geltende Netzwerkdurchsetzungsgesetz verlangt von Diensten wie Facebook, Twitter oder YouTube, klar strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden nach einem Hinweis zu löschen.

"Das ist der Ausverkauf von Grundrechten"

"Mit der Zensur gegen Titanic ist genau das eingetreten, wovor wir schon im Gesetzgebungsverfahren gewarnt haben: Ein privatwirtschaftliches Unternehmen mit Sitz in den USA bestimmt darüber, wie weit Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland reicht", kritisierte Überall. "Das ist der Ausverkauf von Grundrechten." Der DJV-Vorsitzende wünscht sich vom Bundestag, stattdessen das NetzDG sofort zu "löschen".

Titanic-Chefredakteur Tim Wolff kommentierte die Twitter-Entscheidung ironisch: "Wir wollten einer verfolgten Kämpferin für Menschenunrechte Asyl bieten. Denn wenn wir Twitter richtig verstehen, ist es ein Forum für die Schwächsten unserer Gesellschaft: mehrfach herausgeforderte Politiker mit speziellen Ansichten, ganz besondere Menschen also“, erklärte er auf der Titanic-Website. "Daß nun solche Unterstützung einen Verstoß gegen die Twitter-Regeln darstellen soll, verwundert uns."

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