Tödliche Selbstjustiz: Haftstrafe für Supermarkt-Chef

28.3.2017, 07:50 Uhr

Nach tödlicher Selbstjustiz gegen einen ertappten Ladendieb ist ein Berliner Supermarktleiter zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Das Landgericht sprach den 29-Jährigen der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig.

Ein wuchtiger Schlag des Angeklagten in das Gesicht des 34 Jahre alten Opfers sei mitursächlich für dessen Tod drei Tage später, begründeten die Richter am Montag. "Der Angeklagte hat Selbstjustiz ausgeübt."

Der Chef eines Marktes im Stadtteil Lichtenberg hatte den obdachlosen Mann am Morgen des 17. September 2016 beim Diebstahl einer Flasche Weinbrand erwischt. "Ich habe ihn nach hinten geführt und ihm einen Schlag versetzt", hatte der Angeklagte zu Prozessbeginn gestanden.

Als Motiv gab der gelernte Kaufmann Frust wegen einer Vielzahl von Diebstählen in seinem Markt an. Als "belehrende Maßnahme"  gegen den Mann, den er bereits als Dieb gekannt habe, habe er sich "einen kurzen Schlag" vorgestellt - "keine üble Verletzung".

"Der Geschädigte kauerte vor ihm, als er zuschlug"

Der Angeklagte habe bei dem Angriff auf den 34-jährigen Obdachlosen einen mit Quarzsand verstärkten Handschuh getragen, hieß es jedoch im Urteil. "Der Geschädigte kauerte vor ihm, als er zuschlug." Der Angeklagte habe noch nach dem Mann getreten und diesen vor die Hintertür gezogen. Das Opfer sei bereits durch frühere Übergriffe verletzt gewesen. "Im Zusammenwirken mit dem Schlag kam es zum Tode."

Der 34-Jährige war zwei Tage später zu einem Arzt gegangen, der ihn in ein Krankenhaus überwies. Einen Tag danach starb der Mann an einem Schädel-Hirn-Trauma. Zuvor hatte der Vater eines sechsjährigen Sohnes gegenüber einer Verwandten erklärt, man habe ihn in einem Supermarkt "wie einen Hund zusammengeprügelt".

"Dummer und schleichender Prozess"

Der Richter sagte: "Selbstjustiz ist nicht zu akzeptieren – wenn das einreißt, dann hätten wir Wildwest." Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen. Gegen weitere Mitarbeiter des Supermarkt-Chefs werde ermittelt, hieß es am Rande des Prozesses.

Auch gegen den 29-Jährigen seien noch Verfahren wegen Gewalt gegen Diebe anhängig. Er hatte erklärt, in einem "dummen und schleichenden Prozess" sei es in seinem Markt in einigen Fällen zu Übergriffen gekommen. Man habe sich gegenüber Dieben "nicht immer an den Verhaltenskodex gehalten".

Mit dem Urteil folgten die Richter im Wesentlichen dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigerin hatte auf gefährliche Körperverletzung und eine Bewährungsstrafe plädiert. Es sei nicht sicher festgestellt, ob der Schlag tödliche Folgen gehabt habe, sagte die Anwältin. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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