Tugce-Prozess: Angeklagter muss drei Jahre ins Gefängnis

16.6.2015, 14:03 Uhr
Der Fall Tugce hatte großes Aufsehen erregt, auch über Deutschland hinaus.

© Boris Roessler/Archiv (dpa) Der Fall Tugce hatte großes Aufsehen erregt, auch über Deutschland hinaus.

Für den gewaltsamen Tod der Studentin Tugce auf einem Parkplatz in Offenbach muss der Täter drei Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht Darmstadt verurteilte den 18-jährigen Sanel M. am Dienstag nach dem Jugendstrafrecht wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Der Täter habe den Tod der 22-Jährigen nicht beabsichtigt, sagte der Vorsitzende Richter Jens Aßling. Sanel M. sei „kein Killer, Totschläger oder Koma-Schläger“.

Der Angeklagte hatte zugegeben, der Studentin im November vergangenen Jahres auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants heftig ins Gesicht geschlagen zu haben. Die junge Frau stürzte und schlug mit dem Kopf hart auf den Boden auf. Sie fiel in ein Koma, aus dem sie nicht mehr erwachte. Sanel M. hatte seine Tat zu Prozessbeginn bedauert: „Es tut mir unendlich leid, was ich getan habe. Ich habe niemals mit ihrem Tod gerechnet.“

Mit dem Urteil folgte das Landgericht in weiten Teilen der Anklage. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Gefängnisstrafe von drei Jahren und drei Monaten gefordert. Die Nebenklage verlangte eine längere Haftdauer ohne einen konkreten Zeitraum zu nennen. Der Mutter von Tugce kamen beim Urteil die Tränen, auch Zuschauer weinten.

Der 18-jährige Sanel M. nahm die Entscheidung äußerlich ruhig auf, seine Verteidigung will das Urteil dennoch anfechten. „Wir werden in Revision gehen“, kündigte sein Anwalt Heinz-Jürgen Borowsky nach der Urteilsverkündung an. Man halte die Begründung des Gerichts nicht für überzeugend, es hätte bessere Möglichkeiten für Sanel M. gegeben, als ihn jetzt im Gefängnis wegzusperren.

 

Zuschauer rangelten um die begrenzten Plätze

Der gewaltsame Tod von Tugce hatte deutschlandweit große Anteilnahme ausgelöst. Die Studentin soll vor der Tat in der Toilette des Restaurants zwei Mädchen vor dem Angeklagten beschützt haben. Freunde von Tugce verehren sie deshalb als „Heldin“ und „Engel“. Viele von ihnen waren auch am letzten Tag gekommen, um die Familie zu unterstützen.

Vor dem mit Spannung erwarteten Urteil war es im Gericht zu einem Tumult gekommen. Zuschauer rangelten um die begrenzten Plätze und beleidigten einander. Für den Prozess gab es besondere Sicherheitskontrollen.

In dem Verfahren hat das Landgericht Darmstadt mehr als 60 Zeugen vernommen, auch Freundinnen von Tugce sowie Freunde von Sanel M.. Schnell wurde klar, dass sich beide Seiten vor dem Schlag gegenseitig übel beleidigten. Richter Aßling richtete sich in der Urteilsbegründung auch an die Familie von Tugce. Der Verlust sei „durch kein Urteil dieser Welt auszugleichen“.

14 Kommentare