Unternehmer wollen Zigarettenpause abschaffen

13.1.2012, 17:04 Uhr
Unternehmer wollen Zigarettenpause abschaffen

© Friso Gentsch

Am Schreibtisch ist die Kippe zwischendurch in den meisten Firmen längst tabu. Jetzt wollen Unternehmensverbände den blauen Dunst während der Arbeitszeit generell verbieten. Der Zigarettenpause droht das Aus - egal, ob im eigenen Raucherraum oder im Nieselregen vor der Tür. Qualmen soll nur noch in der Mittagspause und nach Feierabend erlaubt sein, fordert der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven. Ihm geht es auch ums Geld, denn Raucherpausen sind angeblich für die Firmen teuer.

«Gymnastik statt Glimmstängel», das ist Ohovens Vorschlag für Pausen während der Arbeitszeit. Mit dem blauen Dunst jedenfalls soll Schluss sein, verlangte er in der «Bild»-Zeitung (Freitag). Der Arbeitsablauf in den Betrieben werde durch häufige Unterbrechungen empfindlich gestört. Außerdem könnten sich Nichtraucher - die weniger Pausen nehmen - gegenüber den rauchenden Kollegen benachteiligt fühlen, befürchtet die Chefin des Unternehmerverbands mittelständische Wirtschaft (UMW), Ursula Frerichs. «Es kann nicht sein, dass Nichtraucher bestraft werden», sagte sie der Zeitung.

Vor allem aber soll der Rauch-Verzicht auch Geld sparen. Selbst bei nur drei fünfminütigen Zigarettenpausen am Tag koste ein Raucher seinen Arbeitgeber im Jahr deutlich über 2000 Euro, rechnet der BVMW vor. «Und viele kommen mit drei Zigaretten nicht aus.» Einer 2009 vom Deutschen Krebsforschungszentrum veröffentlichten Studie der Universität Hamburg zufolge kosten die Kippenpausen deutsche Unternehmen im Jahr mehr als 28 Milliarden Euro - das ist allerdings nur ein kleiner Teil der Kosten, die durch Rauchen für die Gesellschaft insgesamt anfallen.

Von den Gewerkschaften hagelt es trotzdem deutliche Kritik: «Die Behauptung, Raucherpausen würden den Arbeitsablauf stören oder gar den Betrieb lahmlegen, ist geradezu grotesk», sagt Annelie Buntenbach aus dem Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Die «Arbeitshetze» habe so zugenommen, dass Pausen immer nötiger würden. Verdi-Rechtsexpertin Kerstin Jerchel sieht sogar den Betriebsfrieden in Gefahr: «Die bereits gelebte Praxis, mit Hilfe von Betriebsvereinbarungen Rauchpausen zu regeln, ist sinnvoll und hat sich bewährt.»

Idee zum Rauchverbot stammt aus Skandinavien

Die Idee zum konsequenten Rauchverbot am Arbeitsplatz stammt einmal mehr aus Skandinavien. In vielen schwedischen Firmen und Kommunen herrscht seit längerem die «rökfri arbetstid», rauchfreie Arbeitszeit. Sie rechnen mit noch höheren Kosten als der BVMW: Nach Berechnungen des Volksgesundheitsinstituts kostet jeder Raucher seinen schwedischen Arbeitgeber im Jahr umgerechnet mehr als 3500 Euro zusätzlich. Im Schnitt summierten sich die Raucherpausen täglich auf eine halbe Stunde Arbeitszeit.

Ein Recht auf Raucherpausen haben die deutschen Arbeitnehmer ohnehin nicht. Die Kippe zwischendurch gilt - anders als der Kaffee in der Büroküche - nicht als zulässige Arbeitsunterbrechung. «Entscheidungen über Rauchverbote und den Nichtraucherschutz muss jedes Unternehmen selbst treffen», betont aber die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Eine gesetzliche Regelung über das bereits geltende Maß hinaus sei überflüssig.

Selbst Nichtraucherverbände schütteln den Kopf über den Vorstoß der Wirtschaftsverbände. «So lange Raucher vor die Tür gehen, sehe ich kein Problem», sagt Johannes Spatz vom Berliner Forum Rauchfrei. Zwar könne ein Verbot von Zigarettenpausen auch einige Raucher zum Aufhören motivieren. Generell gelte aber: «Rauchen ist eine Krankheit.» Benachteiligt müssten sich Nichtraucher nicht fühlen, meint Spatz. «So lange die Betroffenen ihre zusätzlichen Pausenzeiten später nachholen oder ausstempeln, sollten wir Rücksicht nehmen.»
 

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