Verwahrlosung, Alkoholismus und Pädophilie im Kieler "Tatort"

27.3.2015, 18:48 Uhr
Verwahrlosung, Alkoholismus und Pädophilie im Kieler

© NDR/Christine Schroeder

Wie fast immer wird im Kieler "Tatort" langsam erzählt, verweigert man sich schnellen Schnittfolgen, wollen die Autoren das psychologische Drama hinter den vordergründigen Mordmotiven aufdecken. Kiel 12, Gaarden-Ost, trostlose Sozialwohnung-Siedlung am Rande der Förde. Hier lebt nach seiner Haft der stadtbekannte Kinderschänder Onno Steinhaus (60) seinen traurigen Alltag in einer Messibehausung und permanenter Rauschbenebelung. Den heranwachsenden Kiddies zeigt er Pornos. Auch wenn sie sich vor ihm ekeln, kommen sie doch gerne zu Onno: Denn hier gibt es immer was Prozentiges zu trinken.

Bis er erschlagen aufgefunden wird. Bei ihren Ermittlungen stoßen Sarah Brandt (Sibel Kekilli) und Klaus Borowski (Axel Milberg) auf einen fatalen Cocktail aus elterlicher Überforderung, nachbarschaftlicher Gleichgültigkeit und einer sich selbst überlassenen Kindergang, die sich in ersten Erpressungen und Diebstählen versucht. „Du kannst etwas falsch machen oder alles falsch machen. Ein richtig gibt es hier nicht“, meint ein 15-jähriger Hauptverdächtiger sehr weise. Alle sehnen sich nach Fluchten aus dieser Milieu-Ödnis.

Zwischendrin springt ein Testosteron-gesteuerter Revier-Sheriff (sehr intensiv: Tom Wlaschiha) herum, der polizeiliche Hilfe auch schon mal mit primären Geschlechtsmerkmalen erteilt. Deutsche Wirklichkeit: Auch so sieht sie aus. Das Ermittlerduo geht sensibel zu Werke, lässt sich einiges gefallen, um den wahren Täter zu stellen. Das überraschende Ende macht hilflos und betroffen. Und doch ist diese Folge in ihrer realen Spiegelung des tristen Prekariatsdaseins unbedingt sehenswert.

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