Yücel muss Strom in türkischem Gefängnis selbst bezahlen

11.11.2017, 16:47 Uhr
Der inhaftierte Türkei-Korrespondent der "Welt", Deniz Yücel, berichtet in einem Interview über die Zustände in dem türkischen Gefängnis.

© Karlheinz Schindler/dpa Der inhaftierte Türkei-Korrespondent der "Welt", Deniz Yücel, berichtet in einem Interview über die Zustände in dem türkischen Gefängnis.

"Einmal im Monat kommt die Rechnung", sagte Yücel der Wochenendausgabe der taz. Yücel schilderte in dem Interview nicht ohne Humor weitere Umstände seiner Untersuchungshaft. Seit seiner Festnahme am 14. Februar sitzt der Welt-Korrespondent in Einzelhaft.

Aufseher schließen morgens eine Tür zu dem kleinen Innenhof vor seiner Zelle auf und abends wieder zu, wie Yücel der taz am Wochenende berichtete. "Wenn ich mir aus den wöchentlichen Einkäufen im Knastladen etwas Warmes zu essen zubereiten oder das Gefängnisessen aufbessern möchte, bleibt mir nur der Dampf aus dem Wasserkocher und ein Gurkenglas", sagte der Journalist. Spatzen, die ihr Nest in der Sicherheit des Gefängnisses gebaut hatten, seien ausgeflogen, als die Brut groß genug war. "Die sind ja nicht doof, die Spatzen."

Nur Kontakt zu inhaftiertem Richter

Seine Zellennachbarn, meist ehemalige Richter und Polizeioffiziere, könnten wenigstens für eine Stunde in der Woche Sport zusammen treiben. Er dagegen sei auch beim Fußballspielen allein. "Vorteil: Ich verlasse den Platz stets als Sieger - könnte auch für den HSV oder die türkische Nationalmannschaft ein interessantes Modell sein", sagte Yücel.

Kontakt hat der Journalist nur zu einem Mithäftling, einem Richter in der Nachbarzelle, "mit dem ich mich brüllend von Hof zu Hof unterhalten kann, ohne dass wir uns je sehen würden". Der Mann habe zwölf Monate auf seine Anklageschrift gewartet und weitere vier auf die Prozesseröffnung. Die taz führte das Interview mit Yücel nach eigenen Angaben schriftlich über seine Anwälte. 

Die türkischen Behörden werfen Yücel "Terrorpropaganda und Volksverhetzung" vor, eine Anklageschrift liegt bis heute nicht vor. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete ihn wiederholt als deutschen "Spion" und "Agenten" der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Außer Yücel sitzen acht weitere Deutsche nach Angaben des Auswärtigen Amtes aus politischen Gründen in der Türkei in Haft.

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