Paradiesische Gärten und grausige Folter

17.4.2016, 09:00 Uhr
Paradiesische Gärten und grausige Folter

© Foto: Sabine Rempe

Diese steile Felsnase war der perfekte Bauplatz für eine Burg, deren Geschichte als strategische Meisterleistung vor rund 750 Jahren begann. Die Gruppe, die an diesem sonnigen Frühlingsnachmittag am Vorburgtor wartet, kam bequem vom Marktplatz und hat das Bezwingen des Felsens noch vor sich. „Wir werden bei unserer Runde rund 17 Prozent Gefälle beim Abstieg bewältigen“, warnt Burgführerin Brunhild Holst vor und gibt gleich Entwarnung: „Hinauf sind es dann nur noch zehn Prozent.“

Das ist kein Problem, signalisieren ihre Zuhörer. Aus Gotha in Thüringen, Nürnberg und Herzogenaurach kommen die Besucher heute. Sie wissen, dass es im Moment nicht möglich ist, ins Innere der Burg zu gelangen.

Jagdhund im Wappen

Die Tour rund um die imposante Anlage war für sie trotzdem ein spannender Anreiz. Brunhild Holst, die zum Team der ehrenamtlichen Burgführer gehört, lenkt die Blicke auf die Wappen am Burgtor. Da ist zum Beispiel eine Bracke zu erkennen, ein Jagdhund, der noch heute im Wappen des Marktes auftaucht.

Die Burggrafen von Nürnberg, die die Cadolzburg zu ihrer Residenz ausbauen ließen, durften sich nämlich nicht nur an der hervorragenden Lage freuen, sondern auch an einem großartigen Jagdgebiet. Das sprach sich anscheinend herum. Fürsten, Könige und sogar Kaiser kamen zu Besuch. Man darf wohl davon ausgehen, dass sie es sich hier gutgehen ließen. Doch auf der Tagesordnung stand auch immer wieder die Politik und diplomatisches Strippenziehen.

Zum Schwergewicht in der Geschichtsschreibung wird die Cadolzburg Anfang des 15. Jahrhunderts. Der Hohenzoller Friedrich VI. von Nürnberg erhält am 18. April 1417 auf dem Konstanzer Konzil förmlich die Kurfürstenwürde und darf sich von nun Markgraf Friedrich I. von Brandenburg nennen. Mit seiner Frau, der legendären „schönen Els’“, wird er zum direkten Vorfahren der preußischen Könige und Kaiser bis zu Wilhelm II, der 1918 abdankte. Die Generationen, die in der Cadolzburg lebten, hinterließen ihre Spuren. Immer wieder wurden die Handwerker gerufen, sobald Umbaupläne gereift waren – und das nötige Geld aufgetrieben. Bewältigt wurden solche Arbeiten auch mit Hilfe von Tretradkränen. Mit einem Nachbau eines solchen Geräts hat sich Brunhild Holst schon einmal vertraut machen können: „Wenn drei Leute in der Tretmühle laufen, dann lassen sich mit dem Kran tatsächlich schwere Lasten bewegen. Aber man muss sich dabei konzentrieren, wenn einer im Rad stolpert, fallen gleich alle übereinander.“

Um 1600 kommt Eleganz im Stil der Renaissance auf der Cadolzburg ins Spiel. Deutlich erkennbar vom geräumigen Areal der Vorburg aus ist der Bereich zwischen Bergfried und Schmuckgiebeln. Hinter einer zierlich geschwungenen Balustrade liegt dort, was in alten Plänen als „Paradiesgarten“ bezeichnet wurde. „Wir würden heute wahrscheinlich Terrasse dazu sagen“, erklärt die Burgführerin. Nicht ganz so romantisch vielleicht, aber ohne Zweifel muss das ein aparter Platz für die Damen der Burg gewesen sein.

Großformatige Fotos

Im krassen Gegensatz dazu stehen die Räume, die wohl einst als Folterkammer dienten. Sie sind derzeit wegen der Arbeiten in der Hohenzollernveste zwar nicht zu besichtigen – aber es ist schon verstörend genug, was Brunhild Holst auf großformatigen Fotos zeigt und erklärt: „Der Raum hat einen Durchlass im Boden. Aus alten Aufzeichnungen geht hervor, dass es wohl gängige Praxis war, Menschen mit auf dem Rücken zusammengebundenen Armen dort hinunter zu stoßen und so an einem Seil hängen zu lassen . . .“

Entschieden angenehmer ist es da, den originalgetreu nachgebildeten Burggarten anzuschauen. Für die Gäste der rund anderthalbstündigen Führung geht es weiter. Pferdeschwemme, Markgrafenkirche und Marktplatz werden unter anderem noch auf dem Programm stehen.

Bis Oktober gibt es die Rundtour – ohne Voranmeldung – jeden Sonn- und Feiertag um 14 Uhr, Treffpunkt ist die erste Burgbrücke. Informationen über individuelle Führungen, auch auf Englisch, gibt es im Kulturamt, Tel. (0 91 03) 5 09 58.

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