Pflegeheim am Roßtaler Acker

4.2.2016, 06:00 Uhr
Pflegeheim am Roßtaler Acker

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Gespräche mit dem bisherigen Vermieter, einem Vermögenstreuhänder in Nürnberg, der die Immobilie für eine Eigentümergemeinschaft von über 60 Einzelpersonen verwaltet, führten Mosandl zufolge zu keinem Ergebnis. Die Awo wollte Doppelzimmer, die mit 54 Räumen das Gros des Angebots im 120 Plätze zählenden Haus ausmachen, in Einzelzimmer umwandeln. Das aber wäre nur mit einer günstigeren Miete zu schultern gewesen. Und die bewege sich mit 494 000 Euro im Jahr ohnehin schon am Limit dessen, was der Bezirk als überörtlicher Sozialhilfeträger bereit sei, anzuerkennen. Auch ein alternativ verfolgter Umbau stieß auf wenig Gegenliebe, „die Zusagen sind eher vage geblieben“, so Mosandl.

Nachteil Doppelzimmer

Pflegeheim am Roßtaler Acker

© Hans-Joachim Winckler

„Früher war eher der Preis entscheidend, also das Doppelzimmer erste Wahl“, berichtet Heimleiterin Martina Bär, „doch die Ansprüche sind heute höher.“ Die hohe Doppelzimmer-Quote ist zum Wettbewerbsnachteil geworden. Zumal in Zirndorf und Oberasbach modernere Häuser stehen, die sowohl mit mehr Einzelzimmern aufwarten als auch den gesetzlichen Auflagen für größere Zimmer entsprechen.

So hat sich Mosandl anderweitig orientiert. Und auf Empfehlung des Awo-Kreisverbands Neustadt/Aisch Kontakt zu Beil-Bau in Neuendettelsau geknüpft. Mit dem Bauunternehmen hatten die Neustadt-Aischer Kollegen bei zwei Seniorenwohnprojekten im Landkreis Fürth — in Cadolzburg und Langenzenn — erst jüngst gute Erfahrungen gemacht, die Mosandl nach über einem Jahr der Projektierung bestätigen kann.

An der Fürther Straße, in der Lücke zwischen Flurstraße und der ortsauswärts gelegenen Splittersiedlung, soll auf 10 000 Quadratmetern Acker ein dreiflügeliger, teils unterkellerter Komplex mit drei Geschossen entstehen. Als Baustart ist Anfang März angepeilt. Die Erschließungsarbeiten sollen Anfang März beginnen, die Rohbau-Arbeiten zwei Monate später. Der Mietvertrag in der Wichernstraße läuft bis März 2018. Bis dahin muss der Umzug gelaufen sein.

Der gemeindliche Bauausschuss hat diese Woche letzte Details geregelt, unter anderem wurde eine Querungshilfe für Fußgänger auf der Fürther Straße beschlossen. Jetzt ist der Bauantrag so weit auf den Weg gebracht, dass ihn die Verwaltung nach dem noch ausstehenden Änderungsbeschluss zum Flächennutzungsplan am kommenden Dienstag im Gemeinderat ans Landratsamt zur Genehmigung weiterleiten kann.

Per Vertrag mit der Gemeinde ist die Nutzungsart des Neubaus auf 20 Jahre festgeschrieben. Beil verpflichtete sich darüber hinaus, in einem zweiten Schritt einen Gebäudetrakt mit 20 bis 30 Appartements für betreutes Wohnen neben dem neuen Pflegeheim zu errichten. Pate für das Gesamtkonzept steht das soziale Kompetenz-Zentrum in Hilpoltstein, mit dem die Awo Roth 2011 an den Start ging „und das sehr gut läuft“, wie Mosandl berichtet. Alle Formen der Pflege und Betreuung sind hier an einem Ort zu haben.

So, wie die Verhandlungen aktuell stehen, mietet sich die Awo in den Neubau in Roßtal nicht nur ein, sondern kauft ihn von Beil. „Für die Miete, die wir zahlen, können wir im derzeitigen Zinstief dieses Projekt auch selbst finanzieren“, meint Mosandl. Alles in allem geht es um ein Investitionsvolumen von 15 Millionen Euro.

Mehr Bewohner werden mit 109 Betten am neuen Standort nicht unterkommen, „allerdings können wir einen deutlich höheren Standard bieten“, so Mosandl. Die jetzt zur Verfügung stehenden 3763 Quadratmeter Nutzfläche wachsen auf 6780 Quadratmeter. Die unzeitgemäße Enge und fehlende Privatsphäre für die Bewohner sind dann Vergangenheit. Die fünf Tagespflegeplätze, die bei der Awo noch in die stationäre Pflegebereiche eingestreut sind, werden auf ein Dutzend erweitert und in einem separat zugänglichen Trakt mit noch einmal 173 Quadratmetern Fläche untergebracht.

Statt der Unterteilung in Stationen mit langen, schmalen Fluren, von denen seitlich die Zimmer abgehen, werden im Neubau auf drei Geschossen acht Wohngruppen für je 13 bis 14 Personen unterkommen. Maximal acht Zimmer werden doppelt belegt. Jede Wohngruppe verfügt über einen eigenen Wohnbereich, ein Wohnzimmer für den Rückzug in kleinere Gruppen, etwa mit Angehörigen, sowie einen Mehrzweckraum pro Etage. Ein gemeinsamer Balkon gehört zum Programm, „und zwar so groß dimensioniert, dass wir diejenigen, die nicht mehr mobil sind, auch mal im Pflegebett an die frische Luft bringen können“, wie Martina Bär sagt.

„Mit dem Neubau werden wir die Erwartungen an Privatsphäre und Gemeinschaft, aber auch der Öffentlichkeit erfüllen können“, meint Bär. Denn entgegen aktuellen Trends hält die Awo an einem großen Saal fest. Aus Tradition, wie Mosandl erklärt: Der bestehende Saal habe sich als niedrigschwellige Begegnungsstätte bewährt. Konzerte, Ausstellungen, Vorträge, Gottesdienste oder der offene Mittagstisch wenden sich nicht nur an die Nachbarschaft, sondern an die ganze Bevölkerung. Das will die Awo weiter pflegen.

 

Keine Kommentare