30 Millionen: Söder schnürt Rettungspaket für Wirtshäuser

25.4.2018, 10:07 Uhr
Söder möchte mit 30 Millionen Euro die Gaststätten und Hotels unterstützen. Das Geld kann für Umbaumaßnahmen, wie beispielsweise Barrierefreiheit genutzt werden.

© Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa Söder möchte mit 30 Millionen Euro die Gaststätten und Hotels unterstützen. Das Geld kann für Umbaumaßnahmen, wie beispielsweise Barrierefreiheit genutzt werden.

"Starke Wut, tiefe Trauer, Resignation". So fasst Dieter Gallus seine Gefühlslage zusammen. Der Wirt und mittelfränkische Bezirksvorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes musste im vergangenen Jahr sein Hotel in Rothenburg ob der Tauber wegen der neuen Brandschutzverordnung schließen. Am Montag demonstrierte er mit 3000 Kollegen in München gegen die Bürokratisierung.

Für mehr Flexibilität

Ihre Forderungen sind klar: "Wir kämpfen für eine Flexibilisierung der Arbeitszeit und gegen die Bürokratisierung", erklärt Thomas Förster, Vizepräsident des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes und Wirt in Nürnberg. Die Arbeitszeit solle nicht mehr täglich, sondern wöchentlich erfasst werden.

"Das bedeutet auf keinen Fall, dass unsere Mitarbeiter mehr arbeiten sollen, sie wünschen sich die Umstellung sogar", stellt er klar. "Eine alleinerziehende Mutter möchte zum Beispiel drei Tage in der Woche mehr Stunden arbeiten, damit sie an anderen Tagen mehr Freizeit für ihr Kind hat." Die Arbeitszeiten in der Gastronomie ließen sich eben nicht immer genau vorhersagen, etwa, wenn eine Hochzeitsgesellschaft länger bleibt als geplant. Um nicht gegen das Gesetz zu verstoßen, blieben die Wirte dann oft alleine ohne Personal bis spät in der Nacht hinter dem Tresen.

Ein weiteres Problem der Demonstrierenden: Die aus ihrer Sicht unfaire Wettbewerbsverzerrung. "Warum bezahlt man für ungesunde Fertigpizza sieben Prozent Mehrwertsteuer, während wir für frische Produkte 19 Prozent zahlen müssen?", fragt Förster. Außerdem mache den Wirten die "massive Dokumentationsflut" zu schaffen. Seit dem Jahr 2000 hätten bereits über 3000 ländliche Wirtshäuser in Bayern – auch wegen der zahlreichen Auflagen – geschlossen.

Tourismusoffensive und Förderprogramm

Immer wieder wandten sich die wütenden Wirte in München an Markus Söder, forderten ihn zur Hilfe auf. Der Angesprochene ließ nicht lange auf sich warten: "Wir wollen eine Tourismusoffensive starten und legen ein eigenes Förderprogramm mit insgesamt 30 Millionen Euro auf", so der Ministerpräsident auf Nachfrage unserer Zeitung. In seiner Regierungserklärung hatte er bereits angekündigt, die Wirtshauskultur stärken zu wollen, jetzt wurde der Plan konkreter: Die Förderung bei Modernisierungsarbeiten an mittelständischen Gasthäusern soll aufgestockt werden, Umbaumaßnahmen, welche die Barrierefreiheit sichern, werden finanziell unterstützt. Dorfwirtschaften erhalten extra Hilfe: Investitionen in Gaststätten in Gemeinden bis 2000 Einwohner sollen mit bis zu 35 Prozent der förderfähigen Kosten belohnt werden.

Außerdem können sich Wirte zukünftig kostenlos von Experten beraten lassen. Auch das Bürokratie-Problem will der Ministerpräsident angehen: Die Finanzämter werden bei Betriebsprüfungen von Wirtshäusern besser abgestimmt, zudem soll der Hotel- und Gaststättenverband enger mit einbezogen werden, wenn das Finanzamt technische Vorgaben entwickelt.

Geld allein reicht nicht

Thomas Förster lobt den Plan. Sein Kollege Dieter Gallus warnt aber: Viele Bürokratie-Hürden könne man nicht allein mit Geld überspringen. Außerdem gelte die Zusage erst einmal nur dieses Jahr.

Für Annette Karl, wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, ist das Programm zwar "grundsätzlich positiv", die Opposition habe aber bereits vor Monaten Anträge zur Hilfe für Wirtshäuser ausgearbeitet. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann kritisiert: Durch Söders Änderungen im Landesentwicklungsprogramm seien die Dörfer erst ausgeblutet. Discounter auf der grünen Wiese hätten kleine Läden und Wirtshäuser verdrängt. Der FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen findet: Die Wirtshäuser "gehören nicht an den Subventionstropf".

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