"Abstrakte Gefahr": Besucherminus auf dem Christkindlesmarkt

30.11.2015, 12:38 Uhr

© Foto: Ralf Rödel

Das Wummern wird lauter. Ein Hubschrauber taucht über den Dächern auf und tastet sich über den Christkindlesmarkt. Etwa eine halbe Stunde lang kreist der Helikopter über den Köpfen der Besucher.

Kurz darauf klingelt Sebastian Buhls Mobiltelefon. Ein besorgter Händler des „Städtleins aus Holz und Tuch“ ruft an, will wissen was da los ist. Der städtische Markt-Organisator fragt bei der Polizei nach - Entwarnung. Ein Fernsehteam macht Luftaufnahmen vom „Städtlein aus Holz und Tuch“. Buhl setzt über einen speziellen SMS-Verteiler alle 204 Marktbeschicker darüber in Kenntnis - vorsichtshalber. Sie sind schließlich Multiplikatoren und können Kunden darüber schnell informieren.

Viele Menschen sind nach den Terroranschlägen in Paris vor gut zwei Wochen besorgt. Per SMS-Verteiler, den die Stadt den Händlern seit zwei Jahren anbietet, kann das städtische Marktamt frühzeitig beruhigen. Informiert werden die Kaufleute auch über Taschendiebe, Falschgeld das im Umlauf ist, oder Unwetterwarnungen. „Das Sicherheitskonzept wird jährlich fortgeschrieben“, sagt Marktamtsleiterin Christine Beeck.

Nach dem Unglück bei der Loveparade 2010 in Duisburg, als 21 Menschen starben und 541 verletzt wurden, haben sich die Verantwortlichen in Nürnberg daran gemacht, einen Sicherheitsplan auszuarbeiten. Der greift für alle Großveranstaltungen in der Stadt. Demnach gelten für den Christkindlesmarkt einige Auflagen: So muss in jedem Stand ein Feuerlöscher sein. Unabhängig davon, ob ein Händler mit Gas und Hitze arbeitet, wie in den Bratwurstbuden. „Es geht darum, dass beim Ausbruch eines Feuers auch ein Schmuckverkäufer seinem Nachbarn helfen kann“, so Buhl.

Strompuffer im Rathaus

Jeder Marktbeschicker ist außerdem verpflichtet, eine Taschenlampe in seiner Bude griffbereit zu deponieren - falls die Stromversorgung mal ausfallen sollte. Allerdings leuchten die neuen Straßenlaternen am Hauptmarkt im Ernstfall weiter. Buhl: „Im Rathaus steht ein Strompuffer, der springt ein. Das ist ein Akku mit gespeicherter Energie, die zwei Stunden die Beleuchtung aufrecht hält.“ Buhl und Beeck gehen davon aus, dass der Platz bei einer Evakuierung innerhalb von 15 Minuten leer ist. In so einem Fall kämen auch die Lautsprecher am Rathaus zum Einsatz. Die Polizei würde die Besucher dann in verschiedenen Sprachen informieren, wie sie sich zu verhalten haben.

Nach wie vor liegt der Polizei keine konkrete Terrorwarnung vor. Die Behörden gehen lediglich von einer abstrakten Gefahr aus. Und von dieser haben sich die Menschen am Platz nicht beeindrucken lassen. „Ich hab weder ein mulmiges Gefühl, noch fühle ich mich bedroht“, sagt etwa Günther Röska. Der Oberpfälzer betreibt eine Seifenmanufaktur und bietet das Körperpflegemittel an seinem Stand am Schönen Brunnen in verschiedenen Variationen an.

Besucherin Margret Bauer aus dem Ruhrgebiet denkt gar nicht daran, dem Christkindlesmarkt fernzubleiben. „Das prallt an mir ab, ich lasse mich von dem Terror nicht beeindrucken“, sagt sie trotzig. Mit ihren Freundinnen schlendert sie drei Stunden lang durch die Budenstadt. Dann fährt ihr Reisebus weiter nach Salzburg und anschließend nach Wien.

Polizeipräsenz gibt Sicherheit

Barbara und Rolf Beyer haben sich davon auch nicht abschrecken lassen. „Ich habe keine Sorge“, sagt Rolf Beyer und deutet auf eine Polizeistreife, die eben vorbeigegangen ist. „Die Polizeipräsenz vermittelt mir ein sicheres Gefühl.“

Genau das wollen die Sicherheitskräfte erreichen. Wie in den Vorjahren sind sie in Uniform und in Zivil unterwegs und haben sich auch an den Zugängen postiert. „Mit einem gewissen Quantum an Risiko muss man fast überall leben, nicht erst seit den Anschlägen in Paris“, sagt Barbara Beyer. Seitens der Polizei wollte man sich nicht näher zur Zahl der eingesetzten Beamten äußern. Man zeige Präsenz und beobachte die Situation mit erhöhter Wachsamkeit, so Sprecher Peter Schnellinger. Außerhalb der Öffnungszeiten riegelt ein privater Sicherheitsdienst den Markt ab. Wachleute und Polizeistreifen behalten den Platz auch nachts im Auge.

Klar ist: Zum Auftakt des Christkindlesmarktes am Freitag kamen rund 4000 Besucher weniger als in den Vorjahren. In der Regel nehmen rund 20.000 Besucher an der Eröffnung teil. Bei leichtem Nieselregen war der Markt an manchen Stellen auch am Samstag und Sonntag überraschend leer.

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