Asylamt in der Kritik: "Bamf muss Missstand sofort abstellen"

29.11.2017, 00:01 Uhr
Wieder steht das Bamf in der Kritik:  Nach einer Recherche von Nürnberger Nachrichten und Welt haben Tausende Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge Zugriffsmöglichkeiten auf Informationen von Flüchtlingen.

© dpa Wieder steht das Bamf in der Kritik: Nach einer Recherche von Nürnberger Nachrichten und Welt haben Tausende Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge Zugriffsmöglichkeiten auf Informationen von Flüchtlingen.

Politiker von CSU, FDP und Linken erklärten, der Staat müsse alles Notwendige unternehmen, um Flüchtlinge vor möglichen Racheaktionen von Behörden in den Herkunftsstaaten zu schützen. CSU-Innenexperte Stephan Mayer betonte die Bedeutung des "Schutzes vor Datenmissbrauch in elektronischen Systemen", insbesondere bei "Behörden, die mit sicherheitsrelevanten Daten umgehen". Mayer sagte, es sei "richtig, dass die Protokollierung der lesenden Zugriffe auf Asylakten künftig länger und vor allem zentral gespeichert wird". Ein Missbrauch würde damit zwar nicht "per se verhindert, aber durch die höhere Aufdeckungsgefahr riskanter". Die Regierung zeige mit dieser Ankündigung, dass sie alles unternehme, "um Asylsuchende vor den Behörden der Herkunftsstaaten zu schützen".

Mayer reagierte damit auf eine Recherche von Nürnberger Nachrichten und Welt, wonach Tausende Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) Zugriffsmöglichkeiten auf Informationen von Flüchtlingen haben, die kaum kontrolliert werden können. Sie können Informationen wie Name oder Wohnort einsehen, ohne dass ein solcher Zugriff zentral gespeichert wird. Auf Anfrage hatte die Regierung erklärt, die Speicherpraxis im Frühjahr 2018 zu ändern.

FDP-Politiker Wolfgang Kubicki sprach sich für eine unverzügliche Nachbesserung aus: "Das Bamf muss den Missstand sofort abstellen", sagte er. "Geflohene müssen sicher sein, dass der Staat sie schützt und ihre Daten nicht in unbefugte Hände gelangen."

Linken-Innenexpertin spricht von "einer Schande"

Datenschutzrechtliche Mindeststandards würden es gebieten, dass der Zugriff auf Daten protokolliert wird "und zwar in der Form, dass klar wird, wer, aus welchem Grund und in welchem Zusammenhang Daten erfragt hat". Gleichzeitig verteidigte Kubicki das Ziel, Daten zwischen Behörden besser auszutauschen. "Wir mussten in der Vergangenheit erleben, dass Personen sich mehrfach gemeldet und auch mehrfach Bezüge verlangt haben." Daher sei es "notwendig, dass ein Datenabgleich stattfinden kann".

Schwere Vorwürfe erhob die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke. Sie nannte es "eine Schande, wie in Deutschland mit sensiblen Daten politisch Verfolgter umgegangen wird". Die Regierung vernachlässige ihre Schutzverantwortung gegenüber Flüchtlingen. "Wer bei uns Asyl beantragt, muss die Sicherheit haben, hier nicht erneut in die Fänge seines Verfolgerregimes zu geraten", sagte Jelpke. Ihr sei "nicht ersichtlich, warum tatsächlich rund 5000 Bamf-Mitarbeiter Zugriff auf alle sensiblen Daten brauchen". Jelpke forderte, dass ähnlich wie bei Polizei oder Verfassungsschutz, auch beim Bamf "im gerechtfertigten Verdachtsfall nachvollziehbar" sein müsse, "welcher Mitarbeiter auf welche Flüchtlingsakte zugegriffen hat". Das entsprechende elektronische Aktensystem müsse "schnellstmöglich entsprechend nachgerüstet werden".

Amtsberg: Daten von Asylsuchenden "extrem sensibel"

Auch Grünen-Innenexpertin Luise Amtsberg forderte die Regierung auf, umfassend über die Hintergründe der Sicherheitslücke aufzuklären. "Die Bundesregierung muss erklären, wie es zu diesen Sicherheitsmängeln kommen konnte und jetzt zügig die Tragweite dieses Problems prüfen", sagte Amtsberg. Nur so könne garantiert werden, dass Menschen, die Schutz suchten, "diesen auch bekommen".

Die Daten von Asylsuchenden seien "extrem sensibel", schließlich würden viele in ihren Heimatländern staatlicher Verfolgung ausgesetzt. "Dem Schutz ihrer Daten ist die Bundesregierung in den vergangenen Jahren trotz massiver Kritik an der Qualitätssicherung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nachgekommen." Amtsberg nannte es "nicht nachvollziehbar, warum die offensichtlich bekannten Sicherheitsmängel erst im Frühjahr nächsten Jahres behoben werden sollen."

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