Comeback? Schulz als Europa-Spitzenkandidat im Gespräch

13.5.2018, 15:55 Uhr
Comeback? Schulz als Europa-Spitzenkandidat im Gespräch

© Jean-Francois Badias/AP/dpa

In der SPD mehren sich die Stimmen für ein politisches Comeback von Ex-Parteichef Martin Schulz auf der Europabühne. Schulz sei der deutsche Europapolitiker schlechthin, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller dem Spiegel. "Er steht und brennt für dieses Thema. Das nicht zu nutzen, wäre fahrlässig." Als erstes Vorstandsmitglied bezog Müller damit offen Stellung für Schulz. Auch der Chef des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, unterstützt die Spitzenkandidatur des früheren Präsidenten des Europaparlaments, der aber als SPD-Kanzlerkandidat gescheitert war.

"Martin Schulz ist europaweit bekannt, geschätzt, vernetzt und kann und wird Europa vorantreiben", sagte Seeheimer-Chef Kahrs dem Spiegel. In der Partei hieß es am Sonntag, Ende des Jahres gebe es eine Europadelegiertenkonferenz, die einen eigenen deutschen Spitzenkandidaten küren soll. Zudem soll es wie bei der Europawahl 2014 einen europäischen Spitzenkandidaten geben, der sich um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten bewirbt. Hierfür wird aufseiten der europäischen Sozialdemokraten die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini als Favoritin genannt. 2014 war das noch Schulz, da die Europäische Volkspartei (EVP), zu der auch die deutsche CDU und CSU gehören, die Wahl gewann, wurde deren Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker aus Luxemburg schließlich neuer EU-Kommissionspräsident.

SPD will jünger und weiblicher werden

Bei der EVP - dem Zusammenschluss der Konservativen - ist laut Berichten unter anderem Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier aus Frankreich eine Option für den Spitzenkandidaten. Bei der Nominierung des deutschen SPD-Spitzenkandidaten könnte auch Udo Bullmann eine Rolle spielen, er ist EU-Beauftragter der SPD und Fraktionschef in Europaparlament. Eine junge, sehr im Europabereich engagierte SPD-Politikerin ist zudem Luisa Boos (34), Generalsekretärin in Baden-Württemberg. Im Zuge des Erneuerungsprozesses will die SPD erklärtermaßen jünger und weiblicher werden. Bei den Grünen sorgte 2014 Ska Keller (36) als Europa-Spitzenkandidatin bei der Wahl für Furore, sie ist heute Co-Fraktionschefin im Europarparlament.

Schulz war von 2012 bis 2017 Präsident des Europaparlaments und holte 2014 bei der Europawahl in Deutschland mit den Sozialdemokraten 27,3 Prozent - ein Plus von 6,5 Prozentpunkten im Vergleich zu Wahl 2009. Als Kanzlerkandidat hatte Schulz dagegen weit weniger Fortune, nach einem verkorksten Wahlkampf rutschte die SPD 2017 auf 20,5 Prozent ab, ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik.

Schulz kritisierte Bremsen in Europa

Nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche von Union, Grünen und FDP ging die SPD unter großen Schmerzen trotzdem wieder eine große Koalition ein. Der intern umstrittene Schulz verhandelte noch den Koalitionsvertrag, trat danach aber als SPD-Chef zurück und wurde auch nicht wie geplant Außenminister. Anders als der ebenfalls nicht mit einem Ministeramt bedachte Sigmar Gabriel trat er aber nicht gegen seine eigene Partei nach. Schulz arbeitet heute als einfacher Bundestagsabgeordneter - Europa ist und bleibt sein Herzensthema.

Auf sein Bestreben wurde erstmals das Thema Europa an die erste Stelle im Koalitionsvertrag gesetzt. Er kritisiert ein Bremsen bei den von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron vorangetriebenen Bemühungen um eine vertiefte Integration, auch als Antwort auf den drohenden Bruch des westlichen Bündnisses mit den USA. «Das gilt vor allem für die CDU- und CSU-Kollegen und Angela Merkel», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor wenigen Tagen. Zu Monatsbeginn hatte der SPD-Europapolitiker Axel Schäfer bereits sowohl Schulz als auch Gabriel als Spitzenkandidaten für die Europawahl ins Spiel gebracht.

Eine weitere Option für Schulz könnte theoretisch sein, nach der Europawahl deutscher EU-Kommissar zu werden - bis 2019 ist das noch Günther Oettinger (CDU), zuständig für den EU-Haushalt. Union und SPD haben bisher offengelassen, welche Partei den nächsten deutschen EU-Kommissar stellen darf - hierfür dürfte aber eine entscheidende Rolle spielen, wer am Ende stärker bei der Europawahl abschneidet.

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