FAU Wissenschaftler fielen auf dubiose Verlage rein

20.7.2018, 11:28 Uhr
Auch an der Uni Erlangen-Nürnberg fielen einige Forscher auf dubiose Verlage herein.

© Harald Sippel Auch an der Uni Erlangen-Nürnberg fielen einige Forscher auf dubiose Verlage herein.

Ein etablierter Verlag. Mit Verbindung zu einer Fachgesellschaft. Fachlich bewanderte Gutachter. Das sind drei der zahlreichen Kriterien, auf die die Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg ihre Mitarbeiter hinweist, bei Veröffentlichungen zu achten. Dazu gibt es auf der Webseite der Uni eine "Schwarze Liste" mit Verlagen, die sie meiden sollten. Mehr als 1200 stehen darauf. Sie haben Namen wie "ABC Journals", "Invention Journals" oder "World Academic Publishing".

Auch die Onlineplattform "Omics" ist genannt. Trotzdem haben in den vergangenen zehn Jahren knapp zehn Wissenschaftler der Uni Erlangen-Nürnberg dort Fachartikel veröffentlicht. Der Verlag wirbt auf seiner Webseite damit, mit mehr als 1000 Wissenschaftsorganisationen zusammenzuarbeiten und Texte vor der Veröffentlichung von einer Auswahl seiner mehr als 50.000 angesehenen Experten beurteilen zu lassen. Außerdem rühmt er sich damit, weltweit mehr als 3000 Fachkonferenzen jährlich zu organisieren. Alles Qualitätskriterien – doch das stimmt offenbar nicht.

Jedes Jahr Tausende solcher Artikel veröffentlicht

Mit diesem Modell verdient der Verlag Geld. Denn die Wissenschaftler bezahlen dafür, dass ihre Texte dort veröffentlicht werden. Das ist auch bei renommierten Journalen so üblich, um neue Erkenntnisse, Studien und Forschungsergebnisse öffentlich zugänglich zu machen und einen fachlichen Austausch zu ermöglichen.

"An der FAU war bisher noch nichts Negatives über Omics bekannt", teilt die Uni Erlangen-Nürnberg auf NZ-Anfrage mit. "Die Entscheidung, bei welchem Journal die Publikation eingereicht wird, wurde von den Erstautoren nach inhaltlicher Passung sorgfältig getroffen unter der Annahme, dass Omics ein reguläres Journal sei. Der Peer-Review-Prozess verlief laut Autoren unauffällig nach dem üblichen Verfahren." Das bedeutet, dass renommierte Kollegen die Artikel vor der Veröffentlichung eingehend prüfen (siehe Artikel unten). An der Uni Erlangen-Nürnberg werden jedes Jahr Tausende solcher Artikel veröffentlicht. Ein Kriterium, das die Qualität der hiesigen Forscher belegt und die Uni in weltweiten Ranglisten immer sehr gut abschneiden lässt.

Zwei haben sich über den Rat der Uni hinweggesetzt

"Ehrenrührig wäre so eine Veröffentlichung dann, wenn sie allgemeinen wissenschaftlichen Standards nicht genügt", sagt die FAU. Um solche Vorfälle zu verfolgen, gibt es in Erlangen extra eine "Kommission zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens". Absichtlich sollten Wissenschaftler niemals auf einer fragwürdigen Plattform veröffentlichen. "Das Publizieren in einer womöglich unseriösen Zeitschrift kann dazu führen, dass die Forschungsarbeit durch den Kontext, in dem sie steht, entwertet wird", sagt die Universität. Seit 2013 gibt die FAU ihren Forschern deshalb einen Richtlinienkatalog an die Hand und hat einen Beratungsservice eingerichtet. "In den vergangenen fünf Jahren haben sich nur zwei Autoren über die Empfehlung hinweggesetzt." Denn die letztendliche Entscheidung über die Publikation in einem bestimmten Medium trifft der Autor selbst.

Ein paar Wissenschaftler sind wohl zu blauäugig an das Thema herangegangen. Das Geschäftsmodell der sogenannten "Raubverleger", die mit dem Veröffentlichungsdruck der Wissenschaftler große Gewinne einfahren, ist seit ein paar Jahren bekannt. Der große Umfang ist allerdings neu. "Um unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für das – noch recht junge – Thema der Raubverleger weiter zu sensibilisieren, versucht die FAU ihre Mitarbeiter auf das Thema aufmerksam zu machen, Beratungsangebote und Standards zu erklären und auf die gesammelten Informationen der Universitätsbibliothek dazu zu verweisen."

Zweifel sind angebracht

Die Bibliothek verwaltet an der Uni auch den seit 2010 existierenden "Publikationsfonds" der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG). Die stellt Geld zur Verfügung, das die Wissenschaftler für ihre Publikationen beantragen können. Das trägt zur Qualitätssicherung bei: "So kann die FAU dafür sorgen, dass wertvolle Forschung im richtigen Umfeld publiziert wird."

Neben der "Schwarzen Liste" gibt es auch eine "Weiße Liste" mit vertrauenswürdigen, qualitätsgesicherten Zeitschriften, die öffentlich zugänglich sind. Falls das Magazin, in dem ein Forscher publizieren will, dort nicht gelistet ist, recherchieren die Experten der Unibibliothek weiter und prüfen ihre Kriterien. Wer allerdings ohne Förderung veröffentlicht, muss sich an keine Vorgaben halten. "Im Laufe der Jahre haben immer mehr Forscher die Unterstützung der Universitätsbibliothek gesucht, da manche der eher anrüchigen Verlage gerne im großen Stil Einladungen zum Publizieren per Mail verschicken und die Autoren aber schon ein gewisses Misstrauen aufgebaut haben," so die FAU.

Auch wenn das Vertrauen in die eigene Arbeit groß ist, sind Zweifel immer dann angebracht, wenn ein Artikel ohne Nachfragen oder Korrekturwünsche veröffentlicht werden soll. Denn Wissenschaftler sind von Haus aus kritisch. Es ist ihr Job, Gewissheiten in Frage zu stellen. Auch die der Kollegen.

Verwandte Themen


Keine Kommentare