Gipfeltreffen: Flüchtlingsabkommen auch mit Nordafrika

20.9.2018, 20:39 Uhr
Beim informellen EU-Gipfel in Salzburg kündigt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein Flüchtlingsabkommen mit nordafrikanischen Staaten an.

© Georg Hochmuth/APA/dpa Beim informellen EU-Gipfel in Salzburg kündigt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein Flüchtlingsabkommen mit nordafrikanischen Staaten an.

Die Europäische Union strebt mit nordafrikanischen Staaten ähnliche Flüchtlingsabkommen wie mit der Türkei an. Dies sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag und kündigte intensivere EU-Gespräche mit Ägypten, aber auch mit Tunesien, Marokko und Libyen an. Ziel ist nach den Worten des österreichischen Kanzlers Sebastian Kurz, dass Bootsflüchtlinge gar nicht erst übers Mittelmeer nach Europa kommen, sondern nach ihrer Rettung möglichst nach Nordafrika zurückgebracht werden.

Der seit Jahren währende Streit über die EU-Migrationspolitik war bei dem informellen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Salzburg eines der Topthemen. Dabei ging es auch um einen besseren Schutz der EU-Grenzen und eine Aufstockung der Grenzschutzagentur Frontex auf 10 000 Beamte. Dafür sieht Merkel Zustimmung im Kreis der EU-Staaten.

Großthema waren zudem die Verhandlungen über den britischen EU-Austritt im März 2019. Obwohl beim Brexit inhaltlich auch in Salzburg nichts voranging, pocht die EU auf einen Durchbruch bereits Mitte Oktober. Ursprünglich hatte EU-Ratschef Donald Tusk eine Verlängerung der Frist bis zu einem Sondergipfel Mitte November vorgeschlagen. Stattdessen entschied der Gipfel, den Zeitdruck aufrecht zu erhalten und beim ursprünglichen Plan zu bleiben.

Harte Grenze vermeiden

Die britische Premierministerin Theresa May kündigte neue Vorschläge zu dem vielleicht schwierigsten Knackpunkt an: die Frage, wie eine harte Grenze und Kontrollen zwischen dem EU-Staat Irland und Nordirland vermieden werden können. Den Vorschlag der EU-Kommission, Nordirland solle im Notfall Teil der Zollunion bleiben, lehnte May erneut ab.

Unvereinbar sind die Positionen derzeit auch bei Mays Plänen für eine künftige Wirtschaftspartnerschaft mit der EU. Die Regierungschefin will, dass Großbritannien für Waren auch nach dem Brexit weitgehend ungehinderten Zugang zum EU-Binnenmarkt hat, nicht aber für Dienstleistungen. Auch die Freizügigkeit für Personen soll nach dem Willen Londons enden. Brüssel lehnt das aber als Rosinenpicken ab.

In der Migrationspolitik verlangt vor allem das Ankunftsland Italien, ankommende Bootsflüchtlinge sofort in der EU zu verteilen. Dies passiert bisher nur von Fall zu Fall auf freiwilliger Basis, weil östliche EU-Länder die Aufnahme konsequent ablehnen. Gesucht wird eine dauerhafte Lösung.

"Wir reden über Menschen"

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte am Mittwoch angedeutet, dass Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, künftig andere Beiträge leisten könnten, zum Beispiel finanzielle. Der italienische Regierungschef Giuseppe Conte bestätigte, dass dies bei einem Arbeitsessen am Mittwochabend Thema war. Juncker stellte jedoch anschließend fest, es gebe "keine nennenswerten Fortschritte".

Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel warnte davor, quasi einen Preis je Flüchtling festzulegen: "Wir sind nicht auf einem Markt. Wir reden über Menschen, nicht über Teppiche oder Waren."

Einfacher scheint der Konsens bei der Verhinderung von Migration. Merkel sagte, es sei beim Gipfel deutlich geworden, dass man mit Blick auf die Eindämmung illegaler Migration generell eine enge Partnerschaft mit den Staaten Afrikas wolle. Man müsse aber noch lernen, wie man Entwicklungszusammenarbeit und private Investitionen mit diesen Ländern besser hinbekomme.

Problem an der Außengrenze lösen

Kanzler Kurz rief die EU-Staaten auf, die engere Zusammenarbeit mit Ägypten zu nutzen. Er machte deutlich, dass es dabei auch um die Möglichkeit gehe, Bootsflüchtlinge statt nach Europa nach Nordafrika zurückzubringen. Damit "lösen wir die Migrationsproblematik an der Außengrenze", sagte Kurz. "Das ist mein Ziel. Und mit der Option, hier mit Ägypten zu arbeiten, sind wir diesem Ziel einen großen Schritt näher gekommen."

Die EU-Spitzen hatten im Juni vereinbart, in Nordafrika Kooperationspartner für sogenannte Ausschiffungsplattformen zu suchen. Das sind Zentren, in die auf dem Mittelmeer gerettete Bootsflüchtlinge gebracht werden könnten. Bisher hat sich jedoch kein afrikanisches Land bereiterklärt, ein solches Zentrum auf eigenem Gebiet zu akzeptieren. Die Gespräche mit Ägypten stünden erst ganz am Anfang, betonen EU-Diplomaten. EU-Ratschef Tusk sagte, er werde schon in den nächsten Tagen erneut mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi sprechen.

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