Guttenberg, der gestürzte Baron - steht die Rückkehr bevor?

20.9.2017, 09:31 Uhr
Der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) spricht am 4. September auf dem Gillamoos-Festplatz in Abensberg (Bayern) im Zelt der CSU beim politischen Gillamoos. In Schweinfurt tritt Guttenberg am 20. September letztmals im CSU-Wahlkampf auf.

© Peter Kneffel/dpa Der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) spricht am 4. September auf dem Gillamoos-Festplatz in Abensberg (Bayern) im Zelt der CSU beim politischen Gillamoos. In Schweinfurt tritt Guttenberg am 20. September letztmals im CSU-Wahlkampf auf.

Wenn es am Sonntagabend ernst wird, ist Karl-Theodor zu Guttenberg schon wieder weit weg in New York. Und obwohl "KT"'s Intermezzo als Edel-Wahlkämpfer für die CSU schon nach diesem Mittwoch beendet ist, werden die vergangenen drei Wochen auch bei ihm Spuren hinterlassen haben – und Fragen. Denn eines hat sich bei den Wahlkampfveranstaltungen in ganz Bayern gezeigt: Zumindest im Freistaat haben viele Menschen dem ehemaligen Bundesminister Lug und Trug um die teils abgeschriebene Doktorarbeit längst verziehen. Ist damit der nächste Schritt, die Rückkehr in die aktive Politik, nur noch eine Frage der Zeit? Der Versuch einer Bestandsaufnahme.

RÜCKKEHRWILLE: Auch wenn Guttenberg es im Wahlkampf vermieden hat, sich klar zu seinen eigenen Karriereplänen zu äußern, glauben nicht wenige Zuhörer und Parteifreunde zwischen den Zeilen den Wunsch klar vernommen zu haben: "Und irgendwann und immer wieder bin ich gerne zurück in diesem Land, in meiner Heimat", sagte er beim bierseligen Gillamoos-Volksfest und erntet dafür Applaus. Weggefährten fassen es so zusammen: "Seinen Hang zur Macht hat er nie verloren, das vermisst er, so erfolgreich und schön das Leben in Amerika auch sein mag." Dass CSU-Chef Horst Seehofer Guttenbergs Wahlkampf-Glanz auch braucht, um die Machtambitionen seines Finanzministers Markus Söder in Schach zu halten, dürfte nicht am Ego des Freiherren kratzen.

SELBSTKRITIK: Guttenberg gibt sich im Wahlkampf als Geläuterter. "Ich habe alle Konsequenzen ertragen. Aber ich darf auch nach so langer Zeit für mich sagen, jetzt ist auch mal irgendwann gut", sagte der 45-Jährige gleich bei seinem ersten Auftritt im oberfränkischen Ort Kulmbach. Ansonsten nennt er sich mal einen "engagierten Bürger", mal einen "abgehalfterten Politiker". Anders als in der Zeit bis zu seinem peinlichen Absturz Anfang 2011 ist "KT" um selbstkritische Zurückhaltung bemüht: "Wenn eine mit Alphatieren, die vor Kraft kaum laufen können, umgehen kann, dann sie. Das habe ich am eigenen Leib erfahren müssen", sagte er etwa über Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

FÖRDERER: Auch wenn Guttenberg in der CSU nicht nur Bewunderer hat, hat er mit Seehofer einen mächtigen Unterstützer sicher. Er war es, der die Wahlkampftour überhaupt erst möglich machte, er war es auch, der ihn kürzlich wieder als ministertauglich für die Bundes- wie Landespolitik bezeichnete. Selbst beim Oktoberfest-Anstich konnte sich Seehofer die Lobhudeleien nicht verkneifen: "Gute Leute muss man holen. Ob er nun jetzt einsteigt oder in ein paar Jahren." Auch Merkel betonte zuletzt mehrfach, wie sehr sie Guttenberg schätze.

PROMIFAKTOR: Guttenberg ist auch sechs Jahre nach dem Rücktritt ein Garant für Schlagzeilen, Blitzlichter und Menschenaufläufe. Wie groß seine Zugkraft ist, bekamen Merkel und ihr SPD-Herausforderer Martin Schulz gleichermaßen zu spüren. So ging Merkels Wahlkampfauftritt am 30. August in Erlangen regelrecht unter, weil sich einige Kilometer entfernt in Kulmbach Guttenberg die Ehre gab. Beim Gillamoos stahl er wiederum Schulz die Schau. In Summe dürfte Guttenberg bei seinen neun Auftritten mehr als 25 000 Menschen angelockt haben. Wo immer er auftrat, waren die Plätze in Hallen oder Bierzelten voll besetzt.

POLITISCHES PROFIL: Guttenberg selbst machte sich bei seinen Reden gar nicht erst die Mühe, auf komplizierte Themen in der Innenpolitik einzugehen. "Damit kenne ich mich nicht mehr aus", sagte er etwa und verwies beinahe entschuldigend auf die große Entfernung zwischen New York und Berlin. Für die großen Fragen der Außenpolitik scheint das aber nicht zu gelten: Egal ob die Krise in Nordkorea, der Krieg in Syrien, das Gebaren von US-Präsident Donald Trump oder die Türkei mit Präsident Recep Tayyip Erdogan – Guttenberg gibt gerne Antworten. Oder war das gar die Bewerbungsrede eines neuen Außenministers?

DAS LETZTE WORT hat in der Sache natürlich Guttenberg selbst. Doch kann er sich wirklich den Lockungen verschließen? Möglich scheint alles, sowohl die Turbo-Variante als Minister ohne Bundestagsmandat in Berlin als auch das gemütlichere Comeback zur bayerischen Landtagswahl 2018. Und sogar der Schritt als Nachfolger von Seehofer als CSU-Chef ist nicht undenkbar. "Die Frage ist, wie er sich persönlich entscheidet. Auch mit seiner Familie. Das steht noch aus", fasst es die CSU-Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber zusammen. Auf ihr Drängen hin ist "KT" an diesem Mittwoch letztmals im Wahlkampf aktiv, fliegt extra rüber vom Big Apple nach Schweinfurt. Danach müsse die Union aber erstmal die Wahl gewinnen. "Und erst dann werden mit ihm Gespräche geführt – wenn er es denn will."

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