Immer mehr Kompromisse bei Jamaika-Sondierung

9.11.2017, 16:07 Uhr
Immer mehr Kompromisse bei Jamaika-Sondierung

© Maurizio Gambarini/dpa

Gespannt erwarteten die vier Jamaika-Sondierungspartner CDU, CSU, FDP und Grüne das Ergebnis der Steuerschätzung. Von dem Ergebnis hängt auch ab, wie viel finanziellen Spielraum die potenziellen Koalitionäre für ihre politischen Pläne haben. Wie der Arbeitskreis Steuerschätzung am Donnerstag bekanntgab, können Bund, Länder und Kommunen im laufenden Jahr mit 734,2 Milliarden Euro an Steuereinnahmen rechnen. Das sind 1,8 Milliarden mehr als noch im Mai angenommen.

Derweil nehmen die Jamaika-Sondierungen immer konkretere Formen an. Die Vorsitzenden von CDU, CSU, FDP und Grünen einigten sich auf einen Bearbeitungskatalog in den zwölf zentralen Themenblöcken eines möglichen schwarz-gelb-grünen Bündnisses, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Die Wirtschaftsweisen hatten den Jamaika-Unterhändlern am Mittwoch ins Stammbuch geschrieben, dass der Gesamtstaat (Bund, Länder und Gemeinden) im laufenden Jahr zwar mit 31,3 Milliarden Euro den höchsten Überschuss seit der Wiedervereinigung erzielen dürfte. Die tatsächlichen Spielräume für die Politik auf Bundesebene seien aber wesentlich geringer. Zumal die gute Finanzlage nicht von Dauer sein dürfte, da vor allem steigende Zinsen die öffentlichen Haushalte absehbar stärker belasten könnten. Die Steuerschätzung geht zurück auf dreitägige Beratungen von Experten aus Bund und Ländern, Bundesbank, Kommunalverbänden, Forschungsinstituten sowie Statistikamt.

Anliegen der Partner

Der knapp 125 Punkte umfassende Bearbeitungskatalog, auf den sich die Vorsitzenden von Union, FDP und Grünen verständigten, ist die Arbeitsgrundlage für die Unterhändler. In jeden der zwölf Ober-Punkte sind die jeweils wichtigsten Anliegen der vier möglichen Partner eingeflossen. Zu ihnen zählen die schwer umstrittenen Themenblöcke "Finanzen, Haushalt, Steuern", "Klima, Energie, Umwelt", "Außen, Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit, Handel", "Flucht und Migration", "Bildung und Forschung", "Arbeit/Rente" sowie "Wirtschaft/Verkehr". Die Kernthemen werden nun von den jeweiligen Berichterstattern der einzelnen Parteien unter Hochdruck beraten, damit schon an diesem Freitag erste Ergebnisse vorliegen.

Beim Thema Ausweitung der Mütterrente will die CDU der CSU einem Bericht zufolge zumindest teilweise entgegenkommen. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel habe zwei Kompromissangebote ausarbeiten lassen, berichtet das Nachrichtenmagazin Focus unter Berufung auf Unionskreise. Nach der einen Idee solle es beim Bezug der Mütterrente künftig Steuer-Freibeträge geben, damit bei Frauen mit geringer Rente die Mütterrente nicht mehr mit der Grundsicherung verrechnet, sondern zusätzlich gezahlt werde. Ein weiterer Vorschlag sehe vor, die Erwerbstätigkeit von Müttern während der sogenannten Kinderberücksichtigungszeit bei der späteren Rentenzahlung stärker als bisher zu honorieren. In der CSU-Führung seien beide Vorschläge allerdings auf Ablehnung gestoßen, schrieb Focus weiter.

Aussicht auf Kompromiss

Beim strittigen Thema Zuwanderung dürfte nach Einschätzung des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) ein Kompromiss gefunden werden. Die CSU-Forderung nach Rückführungszentren etwa finde sich "fast wortgleich in den Konzepten der FDP", sagte Herrmann den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Dies sei auch mit den Grünen möglich: "An diesem Punkt gibt es Bewegung", sagte Herrmann.

Grünen-Chef Cem Özdemir forderte derweil von Union und FDP mehr Entgegenkommen. "Wir haben die ersten Schritte gemacht, jetzt erwarten wir auch Bewegung von den anderen. Brücken baut man gemeinsam oder man lässt es", sagte er der Bild-Zeitung. Anfang der Woche hatten die Grünen mit der Ankündigung überrascht, in der Klima- und Verkehrspolitik kompromissbereit zu sein.

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