Innenministerium zahlt Bonus für ausreisewillige Flüchtlinge

17.11.2018, 17:15 Uhr

Die Zahl der freiwilligen Ausreisen von Geflüchteten ist 2018 spürbar gesunken. Da will das Innenministerium von Horst Seehofer nicht länger zusehen und hält mit einer Plakataktion in Berlin dagegen: In sieben Fremdsprachen wie etwa Russisch und Arabisch wird der Zuschuss beworben: Wer bis zum 31. Dezember Deutschland verlässt, soll für ein Jahr seine Wohnkosten im Heimatland bezahlt bekommen.

"Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!", heißt es auf den Plakaten - auf Deutsch. "Bis zum 31.12. gibt es für freiwillige Rückkehrer für bis zu zwölf Monate die Möglichkeit einer Übernahme von Wohnkosten", ist dort  zu lesen. Die Kampagne lässt sich das Bundesinnenministerium eine halbe Million Euro kosten.  

Anlass dürften die Rückkehrer-Statistiken sein. 2017 hatten noch 29.022 Menschen das Programm zur freiwilligen Rückkehr genutzt. Im Jahr 2018 wurden bis Ende Oktober aber nur 14.183  Rückkehrer registriert. 

Die Idee des Ministeriums ist recht umstritten. Die Gestaltung des Plakats sei "geschmacklos", sagte der Leiter der Rechtsabteilung des Verbandes Pro Asyl, Bernd Mesovic: "Das Angebot wirkt wie Sommer- und Winterschlussverkauf zusammen“, kritisierte er. 

Empört äußerte sich auch der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold über Seehofers Aktion. "Menschliche Schicksale werden wie Autos, Girokonten oder Handyverträge behandelt. Rückkehr ist keine Ware!", schrieb er auf Twitter. 

Mesovic bemängelte weiter, es gebe ein grundsätzliches Problem: Wenn dasselbe Amt über Asylanträge entscheide, das auch Rückkehr-Beratung liefere, wirke das "demoralisierend". 

Allerdings sind die Zuschüsse begrenzt:  Auf den Internetseiten des Innenministeriums firmiert das Sonderprogramm als "StarthilfePlus". Dort heißt es: "Sie erhalten 1.200 Euro (Kinder unter 12 Jahren 600 Euro) wenn Sie noch vor Abschluss des Asylverfahrens eine freiwillige Rückkehr beantragen."  Wenn der Asylantrag bereits abgelehnt wurde, gibt es nur noch 800 Euro  (Kinder: 400 Euro). Wohnkosten werden bis maximal 2.000 Euro für Familien und bis zu 1.000 Euro für Einzelpersonen bezuschusst.  Zuschüsse für medizinische Behandlungen gibt es bis  3.000 Euro für Familien und 1.500 Euro für Einzelpersonen.

Das Innenministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) gehen unterdessen auf Twitter in die Offensive und haben mehrere kritische Anfragen von Usern öffentlich beantwortet. Das Programm sei eine "finanzielle Unterstützung für Asylsuchende, die sich für eine freiwillige Ausreise entscheiden", betonte das Ministerium. 

 Neu ist das Programm  nicht. Schon Ende 2017 gab es ein "Zusatzprogramm Wohnen" für freiwillig ausreisende Geflüchtete. Damals nahmen knapp 1.300 Menschen das Angebot an.

"Freiwillige Ausreise" ist  ein Reizwort: 2006 wurde die Phrase zum "Unwort des Jahres" gekürt. "Die Freiwilligkeit einer solchen Ausreise darf in vielen Fällen bezweifelt werden", hieß es in der Begründung der Organisatoren.