Interview: Söder will weniger Ideologie beim Klimaschutz

2.2.2019, 06:11 Uhr
Markus Söder, 52, Nürnberger, ist am Ziel seiner Träume. Als erster Franke seit mehr als einem halben Jahrhundert vereint er das Amt des Ministerpräsidenten und des CSU-Vorsitzenden in seiner Hand.

© André De Geare Markus Söder, 52, Nürnberger, ist am Ziel seiner Träume. Als erster Franke seit mehr als einem halben Jahrhundert vereint er das Amt des Ministerpräsidenten und des CSU-Vorsitzenden in seiner Hand.

Herr Söder, Sie wollen "Politik mit Stil" bieten und neue Wählergruppen erschließen, etwa grüne Wähler. Wie passt dazu, dass Ihr Bundesverkehrsminister ein Tempolimit als "gegen den gesunden Menschenverstand" abtut?

Markus Söder: Gerade beim Thema Klimaschutz oder Verkehr müssen wir endlich mit weniger Ideologie und mehr mit Fakten arbeiten. Die aktuelle Diskussion um Fahrverbote zeigt doch, dass Grenzwerte hinterfragbar sind. Wir müssen zudem prüfen, ob wir an den richtigen Stellen messen. Und wir müssen uns fragen, wie verhältnismäßig ein Fahrverbot sein kann. Das spaltet im Moment die Bevölkerung. Den einen gehen Verbote nicht weit genug, die anderen demonstrieren in Gelbwesten dagegen. Deshalb müssen wir die Fakten nüchtern analysieren und den richtigen Weg suchen. Dazu gehört mehr als eine Ideologiediskussion ums Auto. Das Auto werden wir weiter brauchen. Am Montag starten wir deshalb das Automobilforum mit Wissenschaftlern, Herstellern und Arbeitnehmern.

Was erwarten Sie sich davon? Die Automobilindustrie verweigert sich fast allem, was neu und unbequem ist. So war das beispielsweise auch, als der Katalysator kommen sollte.

Söder: Entscheidend wird sein, ob wir den Dialog wieder beleben können. Im Moment gibt es zu wenig ernsthaft konstruktive Gespräche. Weder innerhalb der Politik noch zwischen der Politik und der Wirtschaft oder zwischen der Politik und den Umweltschützern. Alle bleiben in ihren Schützengräben und verlassen sich auf juristische Scharmützel. Das müssen wir ändern. Ich will wissen, wie das Auto der Zukunft aussehen soll. Und wie wir die Technologieführerschaft unserer Automobilindustrie sichern. Ohne sie bekämen wir nicht nur in Bayern massive industrielle Probleme.

Ehrlicher wäre es doch, wenn die Politik den Wählern sagen würde, dass es so nicht mehr weitergehen kann und sie deshalb verzichten müssen.

Söder: Ein Großteil der Menschen hat das längst erkannt und organisiert seine Mobilität neu. Wobei das bei den Jüngeren ausgeprägter ist als bei den Älteren. Viele haben nicht einmal mehr einen Führerschein. Andere weichen aufs Carsharing aus. Die Politik muss ihrerseits die Mobilität neu organisieren. Diese wird sich allein mit dem autonomen Fahren massiv verändern. Wir müssen den öffentlichen Personennahverkehr ausbauen mit mehr Linien, besserer Taktung und einer vernetzten Ticketstruktur. Das sind Herausforderungen, die eine enorme Kraftanstrengung erfordern.

Wo sind die in Sicht?

Söder: Wir arbeiten an einem entsprechenden Plan, doch das ist zeitaufwendig. Aber wir haben bereits die Mittel für den ÖPNV angehoben. Wir werden im Frühjahr einen ÖPNV-Gipfel einberufen, der ein langfristiges Ziel formulieren soll. Wir wollen alles zusammenbringen – alle Ideen, alle Verantwortlichen, damit eine gemeinsame Strategie entstehen kann. Noch sind zu viele Fragen offen, und das verunsichert die Menschen. Wenn wir die Diskussion versachlichen, können wir Entscheidungen treffen, die von allen auch nachvollziehbar sind.

Wie wollen Sie mit dem Bienen-Volksbegehren umgehen, dessen Erfolg näher rückt?

Söder: Ein Volksbegehren ist ein verfassungsmäßiges Recht. Wir haben aber die Sorge, dass die kleinen Bauernhöfe die Verlierer sein werden. Denn sie finanzieren sich zum Teil über Fördermittel, die mit einem neuen Gesetz wegfielen. Das gäbe ein Höfesterben in Bayern, das niemand anstreben kann. Natürlich wollen wir auch den Natur- und Artenschutz stark verbessern. Wenn wir dahin kommen, dass wir gemeinsam, Regierung und Initiatoren, die Bienen, die Bauern und den Wald retten, wäre viel gewonnen.

Im Moment folgen Sie eher der Linie des Bauernverbandes, der auch für die großen Betriebe steht.

Söder: Bayerns bäuerliche Struktur ist kleinteilig. Den großen Betrieben tut das Volksbegehren kaum weh. Sie überstehen das leichter – die kleinen nicht. Wir wollen nicht verbieten, sondern mit Angeboten die Landwirtschaft ökologischer machen.

Das komplette Interview lesen Sie in der Wochenendausgabe der Nürnberger Nachrichten. 

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