Kommentar: Fremde, die uns nützen

15.12.2014, 21:28 Uhr
In Vorra wurden drei Gebäude, die als Flüchtlingsunterkunft gedacht waren in Brand gesteckt. Außerdem wurden rechte Schmierereien hinterlassen.

© dpa In Vorra wurden drei Gebäude, die als Flüchtlingsunterkunft gedacht waren in Brand gesteckt. Außerdem wurden rechte Schmierereien hinterlassen.

Was nach den Anschlägen von Vorra dominiert, ist die Frage, wie viel Fremdenfeindlichkeit oder gar Nazismus in mancher deutschen Seele wohl schlummern mag. Und ob die Hausanzünder zumindest im Bereich der nationalen Rechten mit heimlicher Billigung rechnen können.

Zyniker mögen die Mahnwachen und Protestaktionen vom vergangenen Wochenende als Betroffenheitsrituale abtun und darauf verweisen, dass Xenophobie nun mal Teil der menschlichen Natur sei. Aber wie stünden wir da, wenn offene Fremdenfeindlichkeit mit gleichgültigem Achselzucken hingenommen würde? Wenn wir den Anschlag von Vorra als Provinz-Bagatelle abtun würden, die unsere brave Polizei bald aufklären werde?

Bleibt die Frage nach politischen Defiziten. Mit Ruhm haben sich Bund und Länder nicht bekleckert nach dem Beginn des großen Flüchtlingsandrangs, die Willkommenskultur erschöpfte sich im hastigen Einrichten von Massenquartieren und in Appellen an die Bevölkerung: Seid nett zu den Leuten aus Syrien und anderswo, sie werden von blanker Not in die Fremde getrieben.

Womöglich wäre es wirkungsvoller, weniger auf die Fähigkeit zur Empathie als auf das wohlverstandene Eigeninteresse der Deutschen zu setzen; in aller Regel ist Eigenliebe ja stärker als Nächstenliebe. Und deshalb sollte man immer wieder mal daran erinnern, dass Deutschland pro Jahr mindestens 400.000 Einwanderer braucht, um sein wirtschaftliches Niveau zu halten; dass das Sozialsystem zusammenbrechen würde und die Industrieproduktion ebenso, wenn die Grenzen dichtgemacht würden.

Einwanderung tut Not, das wissen vermutlich auch jene Leute, die im Gewande bürgerlicher Edeldemonstranten durch Dresden marschieren und behaupten, sie wollten eine begriffsstutzige Politik auf die Gefahren des Islamismus hinweisen; Fremdenfeindlichkeit läge ihnen fern.

Glaubhafter wären die Verteidiger des christlichen Abendlandes freilich, wenn sie sich von Anschlägen wie dem in Vorra klar distanzieren würden.

 

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