Kommentar: Merkel steht sich selbst im Weg

17.6.2018, 21:25 Uhr
Kommentar: Merkel steht sich selbst im Weg

© Ralf Rödel

"Niemand in der CSU hat Interesse, die Kanzlerin zu stürzen", sagte Horst Seehofer am Wochenende in einem Interview. Ein Satz, der zum Schmunzeln anregt, nicht nur wegen der eigenartigen Anklänge an Walter Ulbrichts Bekenntnis, dass niemand die Absicht habe, eine Mauer zu errichten – mit bekannten Folgen.

Tatsächlich wäre Angela Merkels Sturz für die CSU das größte Wahlkampfgeschenk. Mehr offen als verblümt sagen CSUler, dass sie die Landtagswahl im Oktober kaum mehr für zu gewinnen halten, solange "die Frau", mit der Seehofer anderen Berichten zufolge "nicht mehr arbeiten" kann, im Kanzleramt sitzt und eine Asylpolitik macht, die mehr als die Hälfte der Bürger ablehnt. Gerade im bürgerlichen Freistaat machen viele Wähler ihr Kreuz wegen Merkel lieber bei der nationalistischen AfD. Merkel ist für die CSU zur größten Belastung geworden, da kann Markus Söder sich abrackern, wie er will. Viele Bürger blicken fassungslos auf eine Regierungschefin, die weitgehend beratungsresistent ihr Programm durchziehen will, ohne plausible Erklärungen für ihr Tun zu liefern. Ihr stures Beharren auf einer "europäischen Lösung" zementiert derweil die von Seehofer einst gegeißelte "Herrschaft des Unrechts" an der deutschen Grenze.

Es ist verständlich, dass Merkel ihre Karriere lieber mit Errungenschaften um Europa beenden will, als wegen einer fehlgeleiteten Migrationspolitik vom Hof gejagt zu werden. Ihr Abgang wäre aber die wichtigste Kurskorrektur seit Jahren und die logische Folge der "politischen Verantwortung", die sie ja angeblich übernehmen will. Es ist ihr zu wünschen, dass nicht bald andere die Entscheidung für sie treffen.

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