Kommentar: Pariser Anschläge sind Attacke auf unsere Freiheit

14.11.2015, 15:35 Uhr
Die Anschlagsserie trifft die Pariser in Lokalen, Restaurants, Konzerthallen. Der Islamische Staat greift unseren Lebensstil an.

© dpa Die Anschlagsserie trifft die Pariser in Lokalen, Restaurants, Konzerthallen. Der Islamische Staat greift unseren Lebensstil an.

Wen die Terroristen von Paris eigentlich im Visier haben, das zeigen die Ziele ihrer Attacken sehr genau - Restaurants, Clubs, ein Rockkonzert und das Fußballspiel Frankreich gegen Deutschland: Sie zielen auf unsere Freiheit, auf unseren Lebensstil. Paris, für uns Sinnbild für Liebe und Lebensfreude, ist für die Mörder die "Hauptstadt der Unzucht und Laster".

Die Explosionen rund ums "Stade de France" bei diesem Fußball-Klassiker zeigen zudem: Auch Deutschland ist längst im Blickfeld der Terroristen, denen es gelang, während des Spiels ihre Gewalt live vor Millionen von Menschen an den Fernsehgeräten zu inszenieren.

Europa muss reagieren. Aber wie?

Der selbst ernannte "Islamische Staat", der Religion pervertiert zu Hass und Gewalt und von der riesengroßen Mehrheit friedlicher Muslime deshalb verachtet und massiv bekämpft werden muss, hat seinen Krieg jetzt also mitten nach Europa getragen. Und dieses Europa muss darauf reagieren. Aber wie?

Wie nach jedem Anschlag ertönten auch nun sofort wieder Rufe nach schärferen Gesetzen. Aber Frankreich hat das ja schon getan, es gibt dort die Vorratsdatenspeicherung und seit den Anschlägen rund um "Charlie Hebdo" vom Jahresbeginn massivst verschärfte Sicherheitsvorkehrungen. Dennoch konnten die Täter nun zuschlagen. Vor Panikreaktionen und Schnellschüssen sei gewarnt - sie sind ja zudem genau das, was die Terroristen auch erreichen wollen: eben Terror, also Schrecken und Angst verbreiten, unsere Gesellschaften lähmen und zum Einigeln verleiten.

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In Wien tagt die Syrien-Konferenz, in Antalya ab Sonntag der G20-Gipfel: Dort muss der intelligente, effiziente Kampf gegen den IS das Top-Thema werden. Alle maßgeblichen Politiker sitzen da zusammen; sie müssen spätestens seit Freitagnacht wissen, dass die Drohungen des IS bitter ernst zu nehmen, dass dieser Club der Massenmörder die größte Bedrohung der Freiheit seit Jahrzehnten ist.

Es geht nur mit Russland, nicht ohne

Um den IS seiner ja auch vom Westen und seiner verfehlten Politik im Nahen und Mittleren Osten genährten Wurzeln zu berauben, braucht es vor allem einen Ausweg aus dem syrischen Desaster. Er ist nur gemeinsam mit Russland zu finden - mit jenem Russland, das seit dem wohl auch vom IS verübten Anschlag auf das Flugzeug über dem Sinai ebenfalls im Visier der Terroristen ist.

Und was bedeutet dieser Freitag, der 13., von Paris für die deutsche, für die europäische Flüchtlingsfrage? Grenzen dicht? So tönt es nun noch viel lauter in den sozialen Netzwerken. Dass viele Menschen gerade vor dem Terror des IS fliehen; dass es kaum Belege für neu eingewanderte Terroristen gibt: Solche Fakten dürften kaum verhindern, dass die Debatte nun noch viel aufgeheizter geführt, dass Merkels "Willkommenskultur" massivst in Frage gestellt wird, auch innerhalb der Regierung.

Es kann selbstverständlich kein Dauerzustand sein, dass Deutschland die Kontrolle darüber verloren hat, wer einreist. Aber auch noch so hochgerüstete Grenzen ändern nichts an den Ursachen des Terrors und werden neue Gewalt nicht verhindern. Diese Ursachen liegen im Nahen Osten - und die Folgen haben Europa voll erreicht. Als Flüchtlingskrise. Und als Terror, als Krieg, mitten unter uns.