Kommentar: Seehofer muss umsteuern

19.10.2017, 22:02 Uhr
Kommentar: Seehofer muss umsteuern

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Wie einst Edmund Stoiber klebt Horst Seehofer an seinen Posten und ignoriert, dass Volk und Partei mit ihm längst abgeschlossen haben. Er sollte ihnen, aber vor allem sich selbst, lieber den Gefallen tun und endlich die geordnete Übergabe auf den Weg bringen.

Diese Zahl muss wachrütteln: Nur 41 Prozent würden laut jüngster GMS-Umfrage ihr Kreuz bei der CSU machen, wenn am Sonntag Landtagswahl wäre. Man muss mit solchen Zahlen zurzeit kritisch umgehen: Dasselbe Institut sagte der CSU zwei Tage vor der Bundestagswahl stattliche 47 Prozent der Stimmen voraus. Tatsächlich waren es nicht einmal 39. Trotz hoher Fehlerquote ist aber erkennbar: Der CSU laufen die Wähler in Scharen davon – in viel größerem Stil als der CDU. Dass der AfD ein Ergebnis fast schon auf Augenhöhe mit der in Bayern marginalisierten SPD winkt, sollte obendrein nachdenklich machen.

Die CSU, von Merkel weit nach links verschleppt, muss ohnmächtig zusehen, wie Emporkömmlinge von Rechtsaußen ihre früheren Themen besetzen: sichere Grenzen, traditionelles Familienbild, klare Kante gegen Extremismus. Stattdessen bereitet sie sich nolens volens auf ein Jamaika-Bündnis vor – vielleicht mit Familiennachzug im ganz großen Stil und islamischen Feiertagen.

Der CSU-Parteitag wird verschoben, die Erlösung für Seehofer – auf die eine oder die andere Weise – rückt in weite Ferne. Vom Nachfolge-Aspiranten Nummer 1 wird derweil immer mehr Jamaika-Skepsis laut. Markus Söder kennt die Befindlichkeiten seiner Wähler: Sie können sich vielleicht
eine Koalition mit grünem Personal vorstellen, aber nicht mit grünen Inhalten.

Würde Seehofer den Weg freimachen, könnte er sich gesichtswahrend von Bayern verabschieden, die Söder-CSU sich von
den Berliner Sondierungen. Damit wäre das hochproblematische Jamaika-Projekt passé. Doch Seehofer wird sich und der geschundenen Partei lieber den Tort der schwarz-gelb-grünen Koalition antun, als eine personelle und inhaltliche Kurskorrektur vorzunehmen. Auf die nächste Umfrage braucht sich die CSU nicht zu freuen.

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