Lolita-Charme als Geschäftsmodell

7.2.2012, 18:36 Uhr
Lolita-Charme als Geschäftsmodell

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Romantisch Veranlagte könnten sich bei der Geschichte der Zahia Dehar an die Hollywood-Komödie "Pretty Woman" erinnert fühlen: Ein mittelloses Mädchen prostituiert sich, gerät an den Richtigen und findet durch ihn Eintritt in ein köstliches Luxus-Leben. Rationalere Naturen sehen in Zahia dagegen eher ein Beispiel für die Skandalgier der Medien und deren Nutzer und ihren erstaunlichen Erfolg als Frucht eines cleveren Business-Plans.

Seit sie sich dem Dessous-Design widmet, wird die 19-jährige Blondine mit dem tiefen Dekolleté, der Wespentaille und der blondierten Haarmähne zum neuen B-Promi Frankreichs. Nicht nur die Gazetten widmen sich dem Phänomen Zahia als einem modernen Aschenputtel und einer ausgefuchsten Lolita, sondern auch die seriöse Presse.

Unfreiwilliger Türöffner für das einstige Callgirl, das im Alter von zehn Jahren aus Algerien nach Frankreich kam und dort in einer Vorstadt von Paris aufgewachsen ist, war Franck Ribéry. Vor fast zwei Jahren wurden der Bayern-Star und französische Fußball-Nationalspieler und sein Kollege Karim Benzema beschuldigt, die Dienste der damals minderjährigen Zahia in Anspruch genommen zu haben - als "Geburtstagsgeschenk" ließ Ribéry sie 2009 in ein Münchner Luxushotel einfliegen. Auf seine Beteuerungen hin, er habe ihr wahres Alter nicht gekannt und ihr ohnehin nur ein "Taschengeld" bezahlt, wurden die Ermittlungen schließlich eingestellt.

Und Zahias Karriere begann. Ihre Anwälte ließen eine Reihe Namen von "Pretty Zahia" bis "Zahiadora" schützen. Für ihre eigene Homepage ließ sie sich von renommierten Fotografen spärlich bekleidet und in kecken Posen ablichten. Interviews gibt sie vorzugsweise im Ausland, darunter der italienischen und der spanischen Ausgabe des Hochglanz-Magazins "Vanity Fair".

Das einstige Vorstadt-Mädchen wohnt inzwischen im noblen 16. Stadtbezirk von Paris, ist umgeben von Stylisten, Beratern und Sponsoren, mit deren Hilfe sie ihre eigene Dessous-Linie kreierte und am Rande der Haute-Couture-Schauen Ende Januar in Paris in großem Pomp ihre erste Kollektion zeigte: Mädchenhafte Unterwäsche aus rosa Tüll und Spitze. Sehr viel hauchzartes Nichts, gefertigt von renommierten Luxus-Herstellern. Doch das Interesse galt weniger den Kreationen als Zahia selbst, die zuletzt selbst auf die Bühne trat, in einem transparenten, perlenbestickten Négligé, garniert mit rosa Blüten.

Lolita-Charme als Geschäftsmodell

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Laut französischen Medien will ihr Sponsor, der in Hong Kong ansässige Investment-Fonds First Mark Investments, "Zahia" zur international anerkannten Luxusmarke aufbauen. Im Ausland, heißt es, ließe sich das Dirnen-Image leichter ausradieren - dort gebe ihr die Ribéry-Affäre sogar einen gewissen französischen Touch. Schützenhilfe leistet einer, der schon viele Karrieren gefördert hat: Karl Lagerfeld fotografierte Zahias Dessous-Kollektion selbst. Der Chanel-Designer verkündete, nichts an ihr sei vulgär, und überhaupt: "Wie hat denn Coco Chanel angefangen?"

Qualitäten wie die einstige Mode-Ikone werden Zahia allerdings abgesprochen, seit ihr erstes Video-Interview im Internet kursiert. Den Schmollmund unsicher verzogen, antwortet sie darin zögerlich und belanglos auf Fragen. Es scheint, sie hat mehr zu zeigen als zu sagen. Und das könnte selbst gutmeinenden Romantikern zu wenig sein.

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