Nach Asylpaket II: Bund und Länder gehen Integration an

29.1.2016, 13:39 Uhr
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Bund-Länder-Spitzentreffen zusammen mit Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (l.) und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (r.).

© dpa Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Bund-Länder-Spitzentreffen zusammen mit Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (l.) und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (r.).

Nach der Einigung der Koalitionsspitzen auf weitere Verschärfungen des Asylrechts wollen Bund und Länder verstärkt die Integration der Flüchtlinge in Deutschland angehen. Dies sei das vorherrschende Projekt der nächsten Jahre und als gemeinsame nationale Kraftanstrengung zu verstehen, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstagabend nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder in Berlin. Eine Arbeitsgruppe soll bis Ende März ein Konzept vorlegen. Das zwischen Union und SPD monatelang umstrittene Asylpaket II soll nach der Einigung in strittigen Fragen des Familiennachzugs jetzt zügig umgesetzt werden. Die Reaktionen waren überwiegend positiv, Kritik kam von den Grünen und Teilen der SPD.

Der Weg sei frei, dass das Paket sehr schnell in die Gesetzgebung kommen könne, sagte Merkel. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte am Freitag im ARD-"Morgenmagazin": "Ich hoffe, wir können damit nächste Woche ins Kabinett." Merkel hob mit Blick auf die Flüchtlingskrise hervor, "dass die Koalition, aber auch alle staatlichen Ebenen sehr handlungsfähig sind". Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sprach von einem Signal an die Bevölkerung und sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Es ist für mich ganz wichtig, dass die Politik zeigt, dass sie handelt." Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) betonte, die Einigung sei "dringend notwendig" gewesen.

Bei einem Spitzengespräch im Kanzleramt hatten Merkel, SPD-Chef Sigmar Gabriel und CSU-Chef Horst Seehofer den monatelangen Streit um das Asylpaket II beigelegt. Wie im November vereinbart, soll der Familiennachzug bei Flüchtlingen, die nur eingeschränkten ("subsidiären") Schutzstatus haben, für zwei Jahre ausgesetzt werden.

Streit um Kurs nicht ausgeräumt

Allerdings sollen Angehörige, die noch in Flüchtlingscamps in der Türkei, Jordanien und dem Libanon sind, vorrangig mit Kontingenten nach Deutschland geholt werden können. Die Parteichefs verständigten sich auch darauf, dass junge Flüchtlinge nach einer erfolgreichen Lehre künftig zwei Jahre in Deutschland arbeiten dürfen.

CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sagte, er sei "hoch zufrieden" mit der Koalitionseinigung. CDU-Generalsekretär Peter Tauber betonte, dies trage zum Erreichen des Ziels bei, die Flüchtlingszahlen "spürbar zu reduzieren". Auch SPD-Generalsekretärin Katarina Barley sah einen guten Kompromiss. Das Asylpaket II sieht außerdem die Einrichtung neuer Aufnahmestellen vorrangig für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten vor - dazu zählen mehrere Balkanstaaten. Flüchtlinge aus diesen Ländern haben kaum Bleibechancen, weshalb über ihre Asylanträge im Schnellverfahren entschieden werden soll.

Kritik kam vom linken SPD-Flügel. Familiennachzug sei wichtig für die Integration, sagte die Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis. "Warum nun dennoch der Familiennachzug (...) ausgesetzt wird, ist unverständlich", sagte sie NDR Info. "Es steht zu befürchten, dass so Frauen und Kinder in die Hände von Schleppern getrieben werden." Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, warnte im NDR, die Integration werde nun schwieriger. Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter sagte dem Sender n-tv: "Vor allen Dingen bei der Einschränkung des Familiennachzugs zeigt sich, dass der großen Koalition eigentlich nichts mehr heilig ist."

Nicht ausgeräumt ist der grundsätzliche Streit um den Kurs in der Flüchtlingspolitik. Die CSU fordert weiterhin eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen in diesem Jahr. Merkel setzt weiter auf eine europäische Lösung mit einer stärkeren Sicherung der EU-Außengrenzen und einer Verteilung von Flüchtlingen in der EU.

In einem nächsten Schritt wollen Union und SPD auch die nordafrikanischen Länder Marokko, Algerien und Tunesien als "sichere Herkunftsstaaten" einstufen, um Asylbewerber von dort schneller wieder in ihre Heimat zurückschicken zu können.

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