"Nein heißt Nein": Härtere Strafen bei sexuellen Übergriffen

7.7.2016, 22:33 Uhr

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Ein strengeres Sexualstrafrecht mit dem Prinzip "Nein heißt Nein", besserer Schutz für Prostituierte, gesetzliche Schranken gegen den Menschenhandel und zahlreiche Reformen im Flüchtlingsrecht: Der Bundestag hat am Donnerstag in seiner vorletzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause eine Reihe von Entscheidungen getroffen. Ein Überblick:

SCHUTZ VOR SEXUELLEN ÜBERGRIFFEN: Nach dem Grundsatz "Nein heißt Nein" macht sich bald nicht nur strafbar, wer Sex mit Gewalt oder Gewaltandrohung erzwingt. Es soll ausreichen, wenn sich der Täter über den "erkennbaren Willen" des Opfers hinwegsetzt. Dann drohen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe. Neu ist auch ein Straftatbestand der sexuellen Belästigung. Er verbietet, einen Menschen in sexuell bestimmter Weise zu begrapschen und dadurch zu belästigen. Unter Strafe gestellt werden außerdem Straftaten aus einer Gruppe heraus wie bei den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln.

PROSTITUTION: Prostituierte sollen besser vor Ausbeutung und Krankheiten geschützt werden. Beschlossen wurde dafür unter anderem eine Kondompflicht für Freier und eine Zuverlässigkeitsprüfung für Bordellbetreiber. Prostituierte müssen sich alle zwei Jahre bei den Behörden melden und einmal pro Jahr zum Gesundheitsamt gehen. Für 18- bis 21-Jährige gelten noch kürzere Intervalle. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland mindestens 150.000 Prostituierte.

MENSCHENHANDEL: Wer wissentlich Dienste einer Zwangsprostituierten in Anspruch nimmt, muss mit bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen. Freier müssen von Zwangsprostitution ausgehen, wenn eine Frau Verletzungen hat, eingeschüchtert wirkt oder wenn Zweifel an ihrer Freiwilligkeit bestehen. Der Tatbestand des Menschenhandels gilt künftig auch dann als erfüllt, wenn Menschen zum Betteln oder zur Entnahme von Organen nach Deutschland gebracht werden. Bislang war Menschenhandel nur bei Ausbeutung der Arbeitskraft und bei sexueller Ausbeutung strafbar.

INTEGRATIONSGESETZ: Ein Maßnahmenpaket soll Flüchtlingen den Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Ausbildungsplätzen erleichtern. Wer etwa eine Ausbildung anfängt, darf während der gesamten Lehre und - sofern sich ein Job findet - auch mindestens zwei Jahre danach in Deutschland bleiben. Die Integrationskurse werden ausgeweitet - wer sie aber nicht besucht, muss mit schärferen Sanktionen rechnen. Zudem kann der Staat den Betroffenen unter bestimmten Umständen für drei Jahre den Wohnort vorschreiben.

UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS: Um die Aufklärung des Abgasskandals in der Autobranche kümmert sich jetzt ein neuer Untersuchungsausschuss. Es ist bereits der fünfte in dieser Wahlperiode - mehr gab es bisher nur in der ersten Wahlperiode von 1949 bis 1953 mit neun Ausschüssen, wie Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte. Das nun von der Opposition beantragte Gremium soll beleuchten, was die Regierung seit 2007 in Bezug auf Abgasregeln unternommen hat und wann sie von Manipulationen erfuhr. Die inhaltliche Arbeit soll im September beginnen.

BUNDESWEHR: Der Bundestag hat den Auslandseinsatz vor der libyschen Küste ausgeweitet. Im Rahmen der Operation "Sophia" soll die Marine nicht mehr nur Flüchtlinge retten und Schleuser bekämpfen, sondern auch den Waffenschmuggel unterbinden.

GEDENKEN AN ALTKANZLER SCHMIDT: Zum Gedenken an den vor einem halben Jahr gestorbenen Altkanzler wird eine Helmut-Schmidt-Stiftung gegründet. Sie soll Deutschlands Rolle in der Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik analysieren und sich auch um Schmidts Hamburger Wohnhaus kümmern.

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