Neuwahlen, Kenia und Co.: Das ist nach Jamaika möglich

21.11.2017, 05:27 Uhr
Nach gescheiterten Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition ist klar: Eine schnelle Lösung wird es erstmal nicht geben.

© John MacDougall/AFP Nach gescheiterten Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition ist klar: Eine schnelle Lösung wird es erstmal nicht geben.

Große Koalition: Unter normalen Umständen würden sich, wenn die eine Koalitionsmöglichkeit wegfällt, alle Blicke auf den verbleibenden Bündnispartner richten. Das wäre in erster Linie die SPD, denn Linke und AfD scheiden nach Ansicht der Union als Partner aus. Die Sozialdemokraten hätten die einmalige Chance, CDU und CSU sehr viele inhaltliche und personelle Zugeständnisse abzuringen. Aber sie haben konsequent vom Wahlabend am 24. September an eine GroKo abgelehnt.

Davon werden sie schwer wieder herunterkommen. Vielleicht kann es einer richten, dessen SPD-Mitgliedschaft ruht: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will sich in den nächsten Tagen auch mit seinen früheren Parteifreunden zu Gesprächen treffen. Wenn überhaupt, dann dürften die Sozialdemokraten wohl nur eine GroKo unter völlig neuen Umständen - also ohne Angela Merkel - akzeptieren. Dazu wäre die Union aber momentan nicht bereit. (Siehe Seite 4)


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Kenia-Koalition: In der Aufregung des Scheiterns von Jamaika wurde gelegentlich auch ins Gespräch gebracht, dass sich Union, SPD und Grüne zu einem Bündnis zusammenfinden könnten. Nach dem Motto: Dann würde es den Sozialdemokraten vielleicht leichter fallen, wieder in eine ungeliebte und für sie so frustrierende Regierung mit CDU und CSU einzusteigen. Eine solche Koalition gibt es bereits, nämlich in Sachsen-Anhalt. Es wäre also kein völliges Novum in der politischen Landschaft. Der Haken an der Sache ist aber, dass eine solche erweiterte GroKo im Bundestag gar nicht auf die Stimmen der Grünen angewiesen wäre. Sie hätten erhebliche Schwierigkeiten, ihre Themen durchzusetzen. Deswegen würden diese sich auf ein solches Experiment nicht einlassen.


Neuwahlen: Das wäre insofern die einfachste Lösung, als vorerst keine Partei mehr mit der anderen verhandeln müsste. Stattdessen könnten sich alle auf einen neuen Wahlkampf hin ausrichten. Aber die verfassungsrechtlichen Hürden sind extrem hoch. Der Weg der verlorenen Vertrauensfrage der Kanzlerin fällt weg, weil sie vom amtierenden Bundestag gar nicht gewählt wurde und es deswegen kein Vertrauensverhältnis gibt, das beendet werden könnte.

Es wird wohl, wenn es zu Neuwahlen kommen soll, nicht anders gehen als über den dreifachen Anlauf zu einer Kanzlerwahl. Erst wenn das gescheitert ist, kann der Bundespräsident (aber er muss nicht) den Bundestag auflösen und zugleich Neuwahlen ausrufen. Die Frage ist allerdings, ob diese überhaupt so grundsätzlich andere Ergebnisse brächten. Die Umfragen der Meinungsforschungsinstitute während der Sondierungsgespräche unterschieden sich jedenfalls nicht dramatisch vom Ergebnis am 24. September.

Minderheitsregierung: Deutschland kennt das im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern nicht. In der gesamten Nachkriegsgeschichte hatten die Kanzler stets eine Mehrheit, wenn auch gelegentlich eine knappe. Eine Minderheitsregierung könnte zum Beispiel aus CDU, CSU und Grünen bestehen. Die erste Hürde wäre bereits die Kanzlerwahl, bei der sich Stimmen aus anderen Fraktionen finden müssten, um überhaupt mit der praktischen Arbeit starten zu können.

Im Alltag müsste sich die Kanzlerin dann für jedes Gesetzesvorhaben wechselnde Partner suchen. Das könnte mal die SPD, mal auch die FDP sein. Allerdings steht eine Minderheitsregierung jederzeit auf der Kippe. Sobald es ihr nicht mehr gelänge, eine Mehrheit zu organisieren, müsste sie abdanken. Ein häufig genanntes Argument gegen eine Minderheitsregierung: Eine europäische Schlüsselnation wie Deutschland müsse über eine stabile Regierung verfügen.


Ein zweiter Jamaika-Versuch: Das ist zwar theoretisch möglich, praktisch halten es aber alle für ausgeschlossen. Weder werde sich die FDP nach ihrem Ausstieg auf weitere Gespräche einlassen noch wären Union und Grüne dazu bereit, sich mit ihnen wieder an einen Tisch zu setzen, heißt es.

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