Nürnberg liegt jetzt am Meer: Warum Flusskreuzfahrten boomen

24.5.2015, 06:00 Uhr
Nürnberg liegt jetzt am Meer: Warum Flusskreuzfahrten boomen

© F.: dpa

Bislang konnten an der Anlegestelle in Roth nur Schiffe bis zu 110 Metern Länge festmachen, doch die neue Generation von Kabinen-Kreuzfahrtschiffen auf dem Main-Donau-Kanal hat ein Standardmaß von 135 Metern. Damit die Reiseveranstalter die Kreisstadt südlich von Nürnberg nicht links liegen lassen, musste also etwas geschehen.

Für rund eine halbe Million Euro wurde deshalb die alte Anlegestelle saniert und eine zweite für die „großen Pötte“ gebaut. Es gibt neue Busparkplätze in unmittelbarer Nähe, damit die Ausflugsgäste schnell und bequem zu den lokalen Sehenswürdigkeiten wie Schloss Ratibor oder dem Historischen Eisenhammer im Ortsteil Eckersmühlen kommen. Ihre schwimmende Unterkunft kann derweil Frischwasser tanken, und fürs Abwasser und den Müll stehen entsprechende Entsorgungsstellen bereit.

Am Wochenende weihten die Rother ihre neue Anlegestelle mit einem Hafenfest ein, wobei ein Schiff der Reederei Avalon Waterways Zaungast war. Viele der überwiegend älteren Kreuzfahrer aus Amerika, Australien und Neuseeland stürzten sich ins Festgetümmel, probierten fränkische Spezialitäten und lauschten der Musik der Rothsee-Musikanten und des Seemannschors Nürnberg.

Nürnberg liegt jetzt am Meer: Warum Flusskreuzfahrten boomen

© News5 / Grundmann

"Der Kreuzfahrttourist aus dem Ausland hat zwar ein großes Interesse an Geschichte und Kultur, doch die ,German Gemütlichkeit‘ darf nicht fehlen", erklärt Friedhelm Sodenkamp. Älter als 60 Jahre, mit überdurchschnittlichem Bildungsgrad und entsprechend hohem Einkommen - so charakterisiert der Geschäftsführer der Würzburger Hafen GmbH den typischen Flusskreuzfahrer, der deshalb ein gern gesehener Gast in den fränkischen Touristenzentren ist. Und der für steigende Umsätze sorgt: 2001 legten in Würzburg 80 Flusskreuzfahrtschiffe an, 2014 waren es bereits 916, und in diesem Jahr werden es wahrscheinlich rund 1000 werden.

Behindertengerechte Zugänge werden gebaut

Damit sich dieser Gast wohlfühlt, stehen zum Beispiel in Würzburg insgesamt neun Anlegestellen zur Verfügung, drei davon in Premiumlage direkt unterhalb der Festung Marienberg, mit behindertengerechten Zugängen zu den Bussen. Und für die Stromversorgung der Schiffe haben die Ingenieure der Würzburger Stadtwerke spezielle Energieterminals entwickelt.

„Die neueste Generation dieser Kreuzfahrtschiffe sind ja Fünf-Sterne-Hotels mit voll klimatisierten Räumen, großen Küchen und Kühlräumen, die natürlich einen gewaltigen Energiebedarf haben“, sagt Sodenkamp. Früher mussten die Schiffe bei ihren Stopps deshalb die Dieselaggregate zur Stromerzeugung weiterlaufen lassen, jetzt werden sie laut- und geruchlos aus dem örtlichen Stromnetz versorgt.

Rund 10,5 Millionen Euro für "Europakai"

Diese Energieterminals werden nun auch in Nürnberg am „Europakai“ eingesetzt. Fünf Anlegestellen stehen im neuen Hafen für Kabinen-Kreuzfahrtschiffe bereits zur Verfügung, fünf weitere sollen in diesem Jahr noch fertiggestellt werden — alle ausgerichtet für das neue „Gardemaß“ von 135 Metern. Es gab Überlegungen, noch weitere Liegeplätze zu bauen, doch dann hätten die vorgeschriebenen Sicherheitsabstände zu den nächstgelegenen Schleusen nicht eingehalten werden können.

Rund 10,5 Millionen Euro lässt sich die Stadt Nürnberg ihren „Europakai“ kosten, wovon drei Millionen aus den entsprechenden Förderprogrammen des Freistaats kommen. Dafür gibt es unter anderem verbreiterte Zufahrtsstraßen, auf denen die Shuttlebusse bequem wenden können, Ruhebänke sowie einen begehbaren Hügel und ein Feuchtbiotop, damit die Uferpromenade auch optisch einen einladenden Eindruck macht.

1044 Schiffe in Regensburg, 796 in Bamberg

Ein gewaltiger Unterschied zu den 1990er Jahren, als gerade mal drei Kreuzfahrtschiffe in Nürnberg gleichzeitig haltmachen konnten, doch damals reichte das auch aus. Vor allem die Frankenmetropole hat jedoch vom Boom der Flusskreuzfahrten gewaltig profitiert, ebenso Regensburg, wo sich die Zahl der anlegenden Kreuzfahrtschiffe innerhalb von vier Jahren nahezu verdoppelt hat. 1044 Schiffe steuerten die Domstadt im vergangenen Jahr an, 796 waren es im selben Zeitraum in Bamberg.

Besonders beliebt sind Fahrten in der Adventszeit zu den verschiedenen Weihnachtsmärkten. Ein Klassiker ist etwa eine viertägige Tour von Nürnberg nach Kelheim und Regensburg und wieder zurück. Neben Abstechern zur Befreiungshalle und zum Kloster Weltenburg dürfen da natürlich ein Besuch des Nürnberger Christkindlesmarktes und eine Stadtrundfahrt nicht fehlen.

Doch was reizt zum Beispiel einen US-Bürger daran, Europa ausgerechnet an Bord eines Flusskreuzfahrtschiffes zu erkunden? „Es ist die bequemste und entspannteste Art des Reisens, die es gibt“, erklärt Yvonne Coulin von der Congress- und Tourismus-Zentrale Nürnberg. Im vergleichsweise gemächlichen Tempo unterwegs zu sein und im Gegensatz zu einer Meereskreuzfahrt immer wieder andere Landschaften zu Gesicht zu bekommen, diese Art von „German Gemütlichkeit“ kommt gerade im Ausland hervorragend an.

3 Kommentare