Nürnberg: Protest gegen Afghanistan-Abschiebung

13.11.2018, 14:13 Uhr
Nürnberg: Protest gegen Afghanistan-Abschiebung

© Julian Stratenschulte/dpa

Flüchtlingshelfer kritisieren die wohl für Dienstagabend geplante Abschiebung. "Die neue bayerische Regierung scheint die alte Politik der Härte weiterführen zu wollen", heißt es in einer Pressemitteilung des bayerischen Flüchtlingsrats.

Laut dem Verband sind seit Beginn der Afghanistan-Abschiebungen im Dezember 2016 383 Menschen dorthin zurückgebracht worden, ein großer Teil davon aus Bayern. Zuletzt seien Anfang Oktober 17 Afghanen von München aus abgeschoben worden, acht davon aus Bayern.

Ex-Polizist wollte sich aus Fenster stürzen

Der Flüchtlingsrat schildert dramatische Szenen von einer versuchten Festnahme in Bayern: Am vergangenen Donnerstag habe ein Afghane gedroht, sich aus dem Fenster einer Unterkunft zu stürzen. Er habe in Afghanistan als Polizist gearbeitet und könnte daher leicht ins Visier der Taliban gelangen. "Erst nach Stunden, die der Afghane auf dem Fenstersims stand, brach die Zentrale Ausländerbehörde den Abschiebeversuch ab, der Mann wurde in die Psychiatrie gebracht. Die Zentrale Ausländerbehörde will den Afghanen dennoch abschieben", so die Kritik des Flüchtlingsrats.

In der Nähe von Passau sei ein weiterer Afghane ins Kirchenasyl gebracht worden, um einer Abschiebung zuvorzukommen. Er hatte laut Flüchtlingsrat zwei Lehrstellen in Aussicht, die die Ausländerbehörde aber nicht genehmigt habe. Auch ein schwer traumatisierter Heranwachsender, der mit 11 Jahren aus Afghanistan geflohen sein soll, ist laut Flüchtlingsrat unter den Festgenommenen.

"All diese jungen Afghanen könnten hier in Bayern ihren Weg machen, doch allein die Androhung der Abschiebung lässt viele der Menschen, die schon viel durchgemacht haben, zusammenbrechen", so Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. "Diese bayerische Politik ist menschenfeindlich und sture Paragraphenreiterei der Ausländerbehörde. Wir fordern von der bayerischen Regierung eine Politik, die Integration nicht länger bestraft und auch Rücksicht auf Krankheiten nimmt.“

Linke: "Menschenverachtende Schweinerei"

Auch Pro Asyl kritisiert die geplante Abschiebung und verweist darauf, dass allein bei der jüngsten Parlamentswahl in Afghanistan über 50 Menschen bei Anschlägen ums Leben gekommen seien. Laut dem Verein sind "vor allem junge Menschen, die hierzulande Ausbildungsangebote haben, von überraschenden Abschiebungen betroffen - insbesondere in Bayern."

Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag, Ulla Jelpke, sprach von einer "menschenverachtenden Schweinerei": "Wer Menschen in dieses von kriegerischer Gewalt brutal zerrüttete Land zurückschickt, nimmt eine Gefährdung ihres Lebens und ihrer Gesundheit billigend in Kauf. Die für heute Abend geplante Abschiebung darf nicht stattfinden."

Protest in Nürnberg

In Nürnberg gibt es am heutigen Dienstag um 19 Uhr am U-Bahnhof Ziegelstein eine Protestkundgebung gegen die Abschiebung nach Afghanistan. Dazu aufgerufen hat der Verein Internationale Welle aus Fürth. Auch in München, Frankfurt und Leipzig finden Veranstaltungen statt.