Nürnberger Imker hoffen auf EU-Verbot von "Bienen-Killern"

20.3.2018, 12:10 Uhr
Die Sinne und das Gedächtnis der Biene leisten Erstaunliches: Das Insekt kann sich etwa Futterplätze merken und anderen den Weg mitteilen. Doch einige Pestizide stören diese Fähigkeiten – oder wirken gleich tödlich. In Brüssel steht dazu nun eine Entscheidung an.

© Foto: Arne Dedert, dpa Die Sinne und das Gedächtnis der Biene leisten Erstaunliches: Das Insekt kann sich etwa Futterplätze merken und anderen den Weg mitteilen. Doch einige Pestizide stören diese Fähigkeiten – oder wirken gleich tödlich. In Brüssel steht dazu nun eine Entscheidung an.

Die Biene scheint den Deutschen am Herzen zu liegen: Das meistverkaufte Buch 2017 war "Die Geschichte der Bienen" der schwedischen Autorin Maja Lunde. Für das Schicksal der Bienen in Europa könnte nun der Donnerstag ein wichtiger Tag sein, da diskutieren die EU-Mitgliedsstaaten über Einschränkungen oder Verbote bestimmter Insektengifte.

Die Rede ist von den Neonicotinoiden - eine Gruppe von besonders effektiven Pestiziden. Die drei stärksten dieser Mittel sind eine tödliche Gefahr für Bienen. Schon bei niedriger Dosierung können sie das Lernvermögen und die Orientierungsfähigkeit stören.

Die Bienen finden nicht mehr zurück in den Bienenstock, vergessen neue Nahrungsquellen oder können den Weg dahin nicht mehr mit dem berühmten Schwänzeltanz beschreiben.

Deshalb hat die EU den Einsatz dieser Mittel in der Landwirtschaft schon Ende 2013 eingeschränkt. Allerdings nur vorübergehend - bis die EU-Behörde Efsa weitere Erkenntnisse gesammelt hat. Diese Untersuchung liegt jetzt vor, in zwei Tagen wollen die EU-Mitgliedsstaaten darüber beraten. Wird die Einschränkung wieder aufgehoben oder beibehalten, kommt sogar ein völliges Verbot?

Studie zeigt neue Risiken

Noch ist nicht klar, ob bei diesem Termin bereits die Entscheidung fallen wird. Es gibt aber Anzeichen, wie das Ergebnis aussehen könnte. Randolf Menzel, Neurobiologe von der Freien Universität Berlin, erforscht Bienen schon seit über fünfzig Jahren - und hat sich nun die neue Efsa-Studie genau angeschaut.

"Die Efsa steht unter massivem Druck der Industrie", sagt Menzel im NZ-Gespräch. "Immerhin, das muss man anerkennen, sie ist standhaft geblieben. Und sie war auch einigermaßen fair bei der Auswertung der verschiedenen wissenschaftlichen Daten."

Der Biologe lobt die EU-Behörde dafür, dass sie einige Aussagen aus Untersuchungen zurückweist, die von der Industrie finanziert wurden. Die Studie der Efsa stützt laut Menzel die früheren Ergebnisse, zeigt aber keine neuen Risiken auf. Deshalb rechnet er nicht mit einer Verschärfung der Maßnahmen, etwa einem Verbot. Immerhin sieht er gute Chancen dafür, dass die Beschränkung der drei gefährlichsten Mittel nun dauerhaft beschlossen wird. "Aufgrund der Studie wird die EU nicht viel mehr tun können. Aber das ist schon viel wert!" Gespannt ist Menzel auf das Agieren von Julia Klöckner (CDU): "Ich hoffe auf die neue Landwirtschaftsministerin. Wenn Deutschland nicht für eine Beschränkung stimmt, sollte es sich wenigstens enthalten."

Nürnberger Imker hoffen auf ein Verbot

Bienenforscher Menzel hat ein Argument parat, warum Einschränkungen und Verbote von Neonicotinoiden auch im Sinne der Landwirtschaft sind: "Je mehr diese Mittel verwendet werden, desto mehr Insekten entwickeln Resistenzen." Alle will er aber nicht verbieten: "Ich verstehe auch die Landwirte. Und es müssen viele Menschen ernährt werden."

Bei zahlreichen Pflanzen, die von Bienen gerne angesteuert werden, dürfen die Neonicotinoide nicht eingesetzt werden. Doch es gibt etliche Sondergenehmigungen. Viele Imker hoffen daher weiterhin auf ein komplettes Verbot, so auch Gerd Schlestein von der Nürnberger "Initiative für die Biene".

Nürnberger Imker hoffen auf EU-Verbot von

© F.: privat

Seine Sorge: Solange ein Stoff legal gekauft werden darf, können Einschränkungen bei der Anwendung umgangen werden: "Schwarze Schafe gibt es überall, also auch in der Landwirtschaft. Wenn der Bezug dieser Mittel hier legal möglich ist, besteht weiterhin Gefahr für die Bienen. Durch absichtliche Verstöße gegen die Einschränkungen, aber auch durch Unwissenheit oder Anwendungsfehler."

Bei allen Befürchtungen gibt es aber auch gute Nachrichten von den Imkern der Region: Bis jetzt sieht es so aus, als hätten die Bienen den Winter gut überstanden. "Es ist momentan noch schwierig zu sagen. Aber bei meinen Völkern hatte ich mit mehr Verlusten gerechnet. Der letzte Winter war ja sehr schwierig", sagt Schlestein.

"Einige andere Imker haben schon Durchsichtungen gemacht - und ich hätte das mitbekommen, wenn es größere Probleme gegeben hätte." Noch ist der Winter allerdings nicht überstanden.

Eine weitere Gefahr droht aus wärmeren Gefilden: Der Kleine Beutenkäfer ist ein Bienenparasit aus Afrika, der sich in Italien angesiedelt hat und sich immer weiter ausbreitet - Schlestein rechnet damit, dass er jederzeit in Deutschland auftauchen kann.

Große Bedrohung durch Käfer

Der Käfer legt seine Eier im Bienenstock ab, sein Nachwuchs frisst dann alles weg, vom Honig bis zur Brut der Bienen. Für Schlestein ist der Käfer eine größere Bedrohung als die Varroa-Milbe, die in den 70er Jahren von Asien nach Deutschland kam.

Die Varroa-Milbe kommt immer dann ins Spiel, wenn das Bienensterben diskutiert wird. Die Pestizid-Hersteller nennen die Milbe als Haupt-Übeltäter.

Umweltschützer verweisen darauf, dass die Milbe leichtes Spiel hat, wenn ein Bienenvolk schon geschwächt ist - durch Pestizide etwa. Oder durch Nahrungsmangel infolge der industrialisierten Landwirtschaft. Es kommen viele Faktoren zusammen, die den Bienen das Leben schwer machen. Eines der Probleme könnte die EU nun beseitigen.

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