Putin: Was bedeutet die Präsidentenwahl für Deutschland?

17.3.2018, 19:56 Uhr
Putin: Was bedeutet die Präsidentenwahl für Deutschland?

© Foto: Alexey Druginyn/Ria Novosti Pool/dpa

An einer Wiederwahl von Wladimir Putin bei der Präsidentenwahl in Russland an diesem Sonntag gibt es keinen Zweifel.
Aber was kommt danach? Der Giftanschlag auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien und die scharfen Reaktionen der führenden westlichen Länder darauf wecken Befürchtungen, dass die Beziehungen zu Moskau sich weiter verschlechtern könnten. Aber es gibt auch ein paar Fünkchen Hoffnung.

Politik: Alles hängt an der Ukraine-Krise

Vor vier Jahren vereinnahmte Russland die ukrainische Halbinsel Krim.
Kurz darauf begannen die Kämpfe zwischen pro-russischen Separatisten und Regierungstruppen in der Ostukraine. Seitdem wurden zwar zwei Friedenspläne in der weißrussischen Hauptstadt Minsk entworfen - doch wurden diese kaum umgesetzt. "Wir sind immer noch in der tiefsten Krise zwischen Russland und dem Westen nach dem Ende des Kalten Krieges. Und das hängt zu einem sehr hohen Prozentsatz mit dem ungelösten Ukraine-Konflikt zusammen", sagt der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler.

Putin: Was bedeutet die Präsidentenwahl für Deutschland?

© Kay Nietfeld/dpa

Es gibt Anzeichen dafür, dass sich nach der Präsidentenwahl etwas tun könnte. Putin schließt eine Stationierung von UN-Blauhelmsoldaten im Donbass nicht aus. Die Bedingungen sind aber noch strittig. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hofft darauf, dass nach der Wahl in Russland ein neuer Anlauf zu Fortschritten in der Ostukraine gestartet werden könnte. Gut möglich, dass sie zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron versuchen wird, die Verhandlungen in der Vierer-Runde aus Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine wieder aufzunehmen.

Russland sieht die Bundesregierung in der Pflicht, Bewegung in den Ukraine-Konflikt zu bringen. "Wir erwarten von Deutschland und Frankreich als Garantiestaaten, dass sie mehr darauf achten, dass die Ukraine ihre Verpflichtungen (aus dem Minsker Abkommen) erfüllt", sagte der Chef des Außenausschusses im Föderationsrat, Konstantin Kossatschow. "Uns wird gesagt, dass Berlin und Paris angeblich eng mit Kiew zusammenarbeiten, aber das spüren wir nicht", kritisierte der russische Senator weiter. "Stattdessen spüren wir einen kolossalen Druck auf Moskau durch Sanktionen." Wenn es solchen Druck auf Kiew geben würde, könne der Konflikt schneller gelöst werden, meint er.

Wirtschaft: Warten auf ein Ende der Sanktionen

Die deutsche Wirtschaft hofft sehnsüchtig auf ein Ende der Russland-Sanktionen, die von der EU und den USA im Zuge der Ukraine-Krise beschlossen worden waren. "Sowohl Russland als auch der Westen sind gefordert, sich endlich auf gesichtswahrende Lösungen für beide Seiten zu einigen", sagte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Wolfgang Büchele, kürzlich.

In einer aktuellen Umfrage des Ost-Ausschusses gaben drei Viertel von 141 im Russland-Geschäft aktiven Unternehmen an, unter den Sanktionen zu leiden. 94 Prozent sprachen sich für eine sofortige oder schrittweise Aufhebung der Strafmaßnahmen aus. Einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zufolge schaden die Sanktionen nur zu 60 Prozent Russland. 40 Prozent der Handelsverluste müssten jene 37 Länder tragen, die die Sanktionen verhängt hätten - allen voran Deutschland.

In der großen Koalition pochte bisher vor allem der inzwischen ausgeschiedene Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) darauf, die Sanktionen schon bei Fortschritten und nicht erst bei einer vollständigen Umsetzung des Friedensabkommens zurückzufahren. Gabriels Nachfolger Heiko Maas (SPD) hat aber schon in seiner Antrittsrede durchblicken lassen, dass er einen härteren Kurs gegenüber Moskau anstrebt. Von einer möglichen Aufweichung der Sanktionen war da keine Rede mehr, stattdessen von der "Agression" Moskaus, die die "Entschlossenheit" des Westens erfordere.

Sicherheit: Ein neues Wettrüsten hat schon begonnen

Die größten Sorgen hinsichtlich der Wiederwahl Putins betreffen Sicherheitsfragen. Seit 2014 gibt es an der Nato-Ostgrenze und an der Westgrenze Russlands verstärkt Manöver und Truppenstationierungen. Jetzt ist auch das Gespenst eines Atomkriegs zurück. Erst kündigte US-Präsident Donald Trump in seiner neuen Nuklearstrategie die Entwicklung neuer, kleinerer Atombomben an. Kritiker sagen, diese senkten die Hemmschwelle zum Einsatz. Dann präsentierte Putin kurz vor der Wahl neue Waffen, darunter eine von einem Atomreaktor betriebene Langstreckenrakete. "Wir sind mitten in einem Rüstungswettlauf", warnte Erler.

Aber nicht nur die atomare Aufrüstung erinnert an den Kalten Krieg. Der Westen geht davon aus, dass Russland für den Nervengift-Anschlag auf Skripal im britischen Salisbury verantwortlich ist. "Es handelt sich um einen Übergriff gegen die Souveränität des Vereinigten Königreichs", befanden die Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs und der USA in einer gemeinsamen Erklärung.

Trotz aller Differenzen beteuert Russland, die Beziehung zu einflussreichen Einzelstaaten wie Deutschland pflegen zu wollen. "Mir scheint, dass unsere Länder immer wieder zu gegenseitigem Verständnis finden und nicht auf Kollisionskurs geraten", sagte der russische Senator Kossatschow. Beide hätten eine "ausgeprägte Geschichte eines konstruktiven Dialogs". Auch der russische Politologe und Deutschland-Experte Wladislaw Below von der Akademie der Wissenschaften sieht Berlin als zentralen Partner Moskaus: "Berlin könnte in der EU und der Nato der Partner sein, der versucht, Moskau zu verstehen." Er halte es nicht für ausgeschlossen, dass Putin die Fußball-WM 2018 nutzen könne, um seine friedlichen Absichten zu betonen.

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