Rechtspopulist könnte Österreichs Staatsoberhaupt werden

22.5.2016, 14:51 Uhr
Rechtspopulist könnte Österreichs Staatsoberhaupt werden

© dpa

Bei sommerlichen Temperaturen haben die Österreicher am Sonntag einen neuen Bundespräsidenten gewählt. Die ersten Wahllokale schlossen bereits am Mittag. Die Wahl wird europaweit mit Spannung verfolgt. Erstmals könnte mit dem 45-jährigen Norbert Hofer ein Rechtspopulist an die Spitze eines EU-Landes gewählt werden. Sein Gegenkandidat ist der 72-jährige Alexander Van der Bellen, der von den Grünen unterstützt wird.

Beide Bewerber zeigten sich bei ihrer Stimmabgabe am Sonntag optimistisch, das Rennen zu machen. Hofer räumte aber ein, "es könnte knapp werden." Erstmals sind bei der Stichwahl keine Vertreter der Regierungsparteien, der sozialdemokratischen SPÖ und der konservativen ÖVP, mehr dabei.

Mit 35,1 Prozent der Stimmen hatte Hofer die erste Runde der Bundespräsidentenwahl am 24. April haushoch gewonnen. Alexander Van der Bellen war auf 21,3 Prozent gekommen. Im Vergleich zu damals haben sich aber die Rahmenbedingungen dramatisch verändert.

Aufbruchstimmung ist schlecht für die FPÖ

Nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Werner Faymann genießt die neue Regierung unter Christian Kern (SPÖ) nun größeres Ansehen. Wahlforscher gehen davon aus, dass die Zahl derjenigen, die aus Protest gegen die Koalition die FPÖ gewählt hatten, zurückgeht. "Aufbruchstimmung ist schlecht für die FPÖ", sagte die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle von der Fachhochschule Kärnten am Sonntag.

Hofer hatte am 24. April in fast allen Wahlbezirken die meisten Stimmen bekommen. Van der Bellen ging unter den damals sechs Kandidaten nur in Wien als Sieger hervor. Der ehemalige Grünen-Chef hat seine Anhänger vor allem in den Städten, weniger auf dem Land.

Viele bekannte Gesichter aus Theater, Fernsehen und Literatur stehen hinter Van der Bellen und unterstützen den Wirtschaftsprofessor öffentlich. Wegen dessen europafreundlicher Haltung hofft unter anderem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf einen Sieg Van der Bellens. 

Beide Kandidaten hatten im Wahlkampf betont, ihr Amt aktiver als bisherige Präsidenten ausüben zu wollen. Hofer warb sogar mit der Ankündigung um Stimmen, die Regierung zu entlassen, wenn er mit ihrer Arbeit unzufrieden wäre. Das österreichische Staatsoberhaupt hat zumindest auf dem Papier mehr Macht als zum Beispiel der deutsche Bundespräsident.

Wahlschluss ist um 17 Uhr. Danach werden erste Hochrechnungen veröffentlicht. Sollte es ein Kopf-an-Kopf-Rennen geben, bleibt es bis zum späten Montagnachmittag spannend. Dann erst wird die erwartete Rekordzahl an Briefwahlstimmen ausgezählt sein. Rund zehn Prozent der insgesamt 6,4 Millionen Wähler wollten auf diesem Weg über den neuen Staatschef bestimmen.

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